schlangen (umi-hebi), nämlich Hydrophis pelamis, H. striata, H. pe- lamiiodes und H. colubrina, welche nie über das Gebiet der warmen Meeresströmungen hinaus beobachtet worden sind.
Von den Süsswasserschildkröten kommt die indische Trio- nyx stellatus Schl., welche gewöhnlich Suppon genannt wird, nur in den Flüssen und Teichen von Kiushiu, Shikoku und dem südlichen Honshiu vor, während Emys vulgaris japonica Schl. (E. japonica Gray) ihre Nordgrenze erst auf Yezo findet und allenthalben, wenn auch nicht häufig, so doch bekannt ist. Von der weit verbreiteten süd- europäischen E. palustris ist sie, abgesehen von ihrer viel dunkleren Färbung, nicht wesentlich verschieden. Sie führt den Namen Kame, ist Symbol des langen Lebens und Glückes, wird, oft mit Jungen auf dem Rücken, überaus häufig nachgebildet auf Geweben, Lack-, Thon- und Bronzewaaren und ist eine der volksthümlichsten Thier- gestalten. In manchen heiligen Tempelteichen führt sie unter dem Schutze der Priester und frommen Pilger ein glückliches Leben und erreicht ein hohes Alter. Hier kommt es nicht selten vor, dass sich an dem Schilde alter Exemplare Conferven festsetzen und entwickeln, die dann beim Umherschwimmen des Thieres wie ein Kranz von langen grünen Wimperhaaren den hinteren Theil des Rückens um- geben.
Bei der allgemeinen Werthschätzung der Schildkröte lag es nahe, dass im Buddhistischen Ostasien gerade solche ausgezeichnete Exem- plare sich einer besonderen Gunst erfreuten. Unter dem Namen Mino-game (Mantelschildkröte) und als Symbol des friedlichen Greisen- alters, einer der sieben Glückseligkeiten des menschlichen Lebens, wird sie mehr oder minder verzerrt, doch immer leicht erkennbar, abgebildet. Diese Deutung ist wenigstens naturgemässer, als wenn man Mino-game blos als Phantasiestück, wie den Drachen und Howo, betrachtet und diese natürliche Grundlage für ihre Gestalt und sym- bolische Bedeutung nicht anerkennt.
Die japanischen Schlangen (Hebi) hat Dr. Hilgendorf neuer- dings einer eingehenden Untersuchung unterworfen und zu den sechs durch Siebold bekannten Arten noch zwei neue gefügt. Auffallend ist, dass der Japaner, während er sich mit Widerwillen von den un- schädlichen abwendet, der giftigen Trigonocephalus Blomhoffi, welche er Mamushi nennt, nachstellt, um sie gleich Aalen abzuziehen, zu- zubereiten und dann als nervenstärkendes Mittel zu verzehren. Die grösste japanische Schlange ist Elaphis virgata, die Aodaisho der Japaner, eine graugrüne Natter, die nicht selten 160 cm lang wird. Von einer anderen Art, E. quadrivirgata, der Shima-hebi, d. h.
Reptilien und Batrachier.
schlangen (umi-hebi), nämlich Hydrophis pelamis, H. striata, H. pe- lamiiodes und H. colubrina, welche nie über das Gebiet der warmen Meeresströmungen hinaus beobachtet worden sind.
Von den Süsswasserschildkröten kommt die indische Trio- nyx stellatus Schl., welche gewöhnlich Suppon genannt wird, nur in den Flüssen und Teichen von Kiushiu, Shikoku und dem südlichen Honshiu vor, während Emys vulgaris japonica Schl. (E. japonica Gray) ihre Nordgrenze erst auf Yezo findet und allenthalben, wenn auch nicht häufig, so doch bekannt ist. Von der weit verbreiteten süd- europäischen E. palustris ist sie, abgesehen von ihrer viel dunkleren Färbung, nicht wesentlich verschieden. Sie führt den Namen Kame, ist Symbol des langen Lebens und Glückes, wird, oft mit Jungen auf dem Rücken, überaus häufig nachgebildet auf Geweben, Lack-, Thon- und Bronzewaaren und ist eine der volksthümlichsten Thier- gestalten. In manchen heiligen Tempelteichen führt sie unter dem Schutze der Priester und frommen Pilger ein glückliches Leben und erreicht ein hohes Alter. Hier kommt es nicht selten vor, dass sich an dem Schilde alter Exemplare Conferven festsetzen und entwickeln, die dann beim Umherschwimmen des Thieres wie ein Kranz von langen grünen Wimperhaaren den hinteren Theil des Rückens um- geben.
Bei der allgemeinen Werthschätzung der Schildkröte lag es nahe, dass im Buddhistischen Ostasien gerade solche ausgezeichnete Exem- plare sich einer besonderen Gunst erfreuten. Unter dem Namen Mino-game (Mantelschildkröte) und als Symbol des friedlichen Greisen- alters, einer der sieben Glückseligkeiten des menschlichen Lebens, wird sie mehr oder minder verzerrt, doch immer leicht erkennbar, abgebildet. Diese Deutung ist wenigstens naturgemässer, als wenn man Mino-game blos als Phantasiestück, wie den Drachen und Howo, betrachtet und diese natürliche Grundlage für ihre Gestalt und sym- bolische Bedeutung nicht anerkennt.
Die japanischen Schlangen (Hebi) hat Dr. Hilgendorf neuer- dings einer eingehenden Untersuchung unterworfen und zu den sechs durch Siebold bekannten Arten noch zwei neue gefügt. Auffallend ist, dass der Japaner, während er sich mit Widerwillen von den un- schädlichen abwendet, der giftigen Trigonocephalus Blomhoffi, welche er Mamushi nennt, nachstellt, um sie gleich Aalen abzuziehen, zu- zubereiten und dann als nervenstärkendes Mittel zu verzehren. Die grösste japanische Schlange ist Elaphis virgata, die Aodaisho der Japaner, eine graugrüne Natter, die nicht selten 160 cm lang wird. Von einer anderen Art, E. quadrivirgata, der Shima-hebi, d. h.
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Reptilien und Batrachier.
schlangen (umi-hebi), nämlich Hydrophis pelamis, H. striata, H. pe-
lamiiodes und H. colubrina, welche nie über das Gebiet der warmen
Meeresströmungen hinaus beobachtet worden sind.
Von den Süsswasserschildkröten kommt die indische Trio-
nyx stellatus Schl., welche gewöhnlich Suppon genannt wird, nur in
den Flüssen und Teichen von Kiushiu, Shikoku und dem südlichen
Honshiu vor, während Emys vulgaris japonica Schl. (E. japonica Gray)
ihre Nordgrenze erst auf Yezo findet und allenthalben, wenn auch
nicht häufig, so doch bekannt ist. Von der weit verbreiteten süd-
europäischen E. palustris ist sie, abgesehen von ihrer viel dunkleren
Färbung, nicht wesentlich verschieden. Sie führt den Namen Kame,
ist Symbol des langen Lebens und Glückes, wird, oft mit Jungen
auf dem Rücken, überaus häufig nachgebildet auf Geweben, Lack-,
Thon- und Bronzewaaren und ist eine der volksthümlichsten Thier-
gestalten. In manchen heiligen Tempelteichen führt sie unter dem
Schutze der Priester und frommen Pilger ein glückliches Leben und
erreicht ein hohes Alter. Hier kommt es nicht selten vor, dass sich
an dem Schilde alter Exemplare Conferven festsetzen und entwickeln,
die dann beim Umherschwimmen des Thieres wie ein Kranz von
langen grünen Wimperhaaren den hinteren Theil des Rückens um-
geben.
Bei der allgemeinen Werthschätzung der Schildkröte lag es nahe,
dass im Buddhistischen Ostasien gerade solche ausgezeichnete Exem-
plare sich einer besonderen Gunst erfreuten. Unter dem Namen
Mino-game (Mantelschildkröte) und als Symbol des friedlichen Greisen-
alters, einer der sieben Glückseligkeiten des menschlichen Lebens,
wird sie mehr oder minder verzerrt, doch immer leicht erkennbar,
abgebildet. Diese Deutung ist wenigstens naturgemässer, als wenn
man Mino-game blos als Phantasiestück, wie den Drachen und Howo,
betrachtet und diese natürliche Grundlage für ihre Gestalt und sym-
bolische Bedeutung nicht anerkennt.
Die japanischen Schlangen (Hebi) hat Dr. Hilgendorf neuer-
dings einer eingehenden Untersuchung unterworfen und zu den sechs
durch Siebold bekannten Arten noch zwei neue gefügt. Auffallend
ist, dass der Japaner, während er sich mit Widerwillen von den un-
schädlichen abwendet, der giftigen Trigonocephalus Blomhoffi, welche
er Mamushi nennt, nachstellt, um sie gleich Aalen abzuziehen, zu-
zubereiten und dann als nervenstärkendes Mittel zu verzehren. Die
grösste japanische Schlange ist Elaphis virgata, die Aodaisho der
Japaner, eine graugrüne Natter, die nicht selten 160 cm lang wird.
Von einer anderen Art, E. quadrivirgata, der Shima-hebi, d. h.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/237>, abgerufen am 24.11.2024.
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