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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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I. Geschichte des japanischen Volkes.
vervollständigt. Auch nahm er sich der Künste und Wissenschaften
an, welche seit einigen Jahrhunderten vernachlässigt und zurückge-
gangen waren. Wiederholte Missernten und ihre weit fühlbare Folge,
eine grosse Hungersnoth, gaben ihm Gelegenheit, sein gutes Herz
zu zeigen und die Noth der Armen lindern zu helfen, so viel er
vermochte.

Die Bonzen des Kinai, insbesondere der Provinz Yamato, sahen
indess das stete Wachsen seines Ansehens und Einflusses ungern,
weil dadurch ihr eigenes Verlangen nach Macht geschädigt wurde.
Sie deuteten den Bauern die Missernten und allgemeine Noth als
Strafen der Götter für die Verbrechen der Hojo und insbesondere für
die Verbannung der drei Ex-Mikado und zettelten unter denselben
einen Aufstand an, welchen sie selbst mit den Waffen in der Hand
leiteten. Um ihn zu besänftigen, dankte Go-Horikawa-Tenno 1232
ab und liess die Herrschaft auf seinen zweijährigen Sohn übergehen,
welcher in den Annalen als 87. Mikado unter dem Namen Shijo-
Tenno
zehn Jahre lang (1232--1242) nominell dem Lande vorstand.
Yasutoki liess die Aufständischen durch einen Verwandten ausein-
ander jagen, doch fand die Empörung neue Nahrung, als kurz darauf
der Exmikado im Alter von 23 Jahren plötzlich starb, indem man
auch dies den Hojo zuschrieb und als Strafe der Götter hinstellte,
die erzürnt seien, dass nicht der rechtmässige Erbe, sondern ein Ver-
wandter desselben und Günstling der Hojo den Thron einnehme.
Nara war Hauptsitz dieser erneuten Priesterbewegung. Um ihr ein
Ende zu machen, unterdrückte Yasutoki die Einkünfte der Klöster
und suchte ausserdem, indem er mit grossem Pompe den Shogun
Yoritsune von Kamakura nach Kioto geleitete, damit er hier dem
Mikado Shijo-Tenno seine Huldigung darbringe, die Aufmerksamkeit
des Volkes auf andere Dinge zu lenken. Dann veranlasste er den
Shogun, durch Yamata zu reisen, die widerspenstigen Klöster zu be-
suchen und ihnen liberale Geschenke zuzuwenden, um so dieselben für
sich zu gewinnen. Im Jahre 1241 wurde der junge Mikado, obgleich
er erst 11 Jahre alt war, für mündig erklärt und ihm eine Verwandte
des Shogun von nur 9 Jahren zur Frau gegeben. Ein Jahr darauf
starb der Mikado plötzlich, und nun verlangte die öffentliche Meinung
dringend die Rückkehr der legitimen Dynastie. Eine mächtige Partei
in Kioto, darunter die Häupter der Fujiwara, wünschte Tadanari,
den Sohn des nach Sado verbannten Juntoku auf den Thron; Yasu-
toki aber widersetzte sich diesem Streben und protegierte die Candi-
datur von Kunihito, Sohn des 83. Mikado Tsuchi. Derselbe war
bei der Verbannung der drei Exmikado geflüchtet, hatte später eine

I. Geschichte des japanischen Volkes.
vervollständigt. Auch nahm er sich der Künste und Wissenschaften
an, welche seit einigen Jahrhunderten vernachlässigt und zurückge-
gangen waren. Wiederholte Missernten und ihre weit fühlbare Folge,
eine grosse Hungersnoth, gaben ihm Gelegenheit, sein gutes Herz
zu zeigen und die Noth der Armen lindern zu helfen, so viel er
vermochte.

Die Bonzen des Kinai, insbesondere der Provinz Yamato, sahen
indess das stete Wachsen seines Ansehens und Einflusses ungern,
weil dadurch ihr eigenes Verlangen nach Macht geschädigt wurde.
Sie deuteten den Bauern die Missernten und allgemeine Noth als
Strafen der Götter für die Verbrechen der Hôjô und insbesondere für
die Verbannung der drei Ex-Mikado und zettelten unter denselben
einen Aufstand an, welchen sie selbst mit den Waffen in der Hand
leiteten. Um ihn zu besänftigen, dankte Go-Horikawa-Tennô 1232
ab und liess die Herrschaft auf seinen zweijährigen Sohn übergehen,
welcher in den Annalen als 87. Mikado unter dem Namen Shijô-
Tennô
zehn Jahre lang (1232—1242) nominell dem Lande vorstand.
Yasutoki liess die Aufständischen durch einen Verwandten ausein-
ander jagen, doch fand die Empörung neue Nahrung, als kurz darauf
der Exmikado im Alter von 23 Jahren plötzlich starb, indem man
auch dies den Hôjô zuschrieb und als Strafe der Götter hinstellte,
die erzürnt seien, dass nicht der rechtmässige Erbe, sondern ein Ver-
wandter desselben und Günstling der Hôjô den Thron einnehme.
Nara war Hauptsitz dieser erneuten Priesterbewegung. Um ihr ein
Ende zu machen, unterdrückte Yasutoki die Einkünfte der Klöster
und suchte ausserdem, indem er mit grossem Pompe den Shôgun
Yoritsune von Kamakura nach Kiôto geleitete, damit er hier dem
Mikado Shijô-Tennô seine Huldigung darbringe, die Aufmerksamkeit
des Volkes auf andere Dinge zu lenken. Dann veranlasste er den
Shôgun, durch Yamata zu reisen, die widerspenstigen Klöster zu be-
suchen und ihnen liberale Geschenke zuzuwenden, um so dieselben für
sich zu gewinnen. Im Jahre 1241 wurde der junge Mikado, obgleich
er erst 11 Jahre alt war, für mündig erklärt und ihm eine Verwandte
des Shôgun von nur 9 Jahren zur Frau gegeben. Ein Jahr darauf
starb der Mikado plötzlich, und nun verlangte die öffentliche Meinung
dringend die Rückkehr der legitimen Dynastie. Eine mächtige Partei
in Kiôto, darunter die Häupter der Fujiwara, wünschte Tadanari,
den Sohn des nach Sado verbannten Juntoku auf den Thron; Yasu-
toki aber widersetzte sich diesem Streben und protegierte die Candi-
datur von Kunihito, Sohn des 83. Mikado Tsuchi. Derselbe war
bei der Verbannung der drei Exmikado geflüchtet, hatte später eine

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[284/0310] I. Geschichte des japanischen Volkes. vervollständigt. Auch nahm er sich der Künste und Wissenschaften an, welche seit einigen Jahrhunderten vernachlässigt und zurückge- gangen waren. Wiederholte Missernten und ihre weit fühlbare Folge, eine grosse Hungersnoth, gaben ihm Gelegenheit, sein gutes Herz zu zeigen und die Noth der Armen lindern zu helfen, so viel er vermochte. Die Bonzen des Kinai, insbesondere der Provinz Yamato, sahen indess das stete Wachsen seines Ansehens und Einflusses ungern, weil dadurch ihr eigenes Verlangen nach Macht geschädigt wurde. Sie deuteten den Bauern die Missernten und allgemeine Noth als Strafen der Götter für die Verbrechen der Hôjô und insbesondere für die Verbannung der drei Ex-Mikado und zettelten unter denselben einen Aufstand an, welchen sie selbst mit den Waffen in der Hand leiteten. Um ihn zu besänftigen, dankte Go-Horikawa-Tennô 1232 ab und liess die Herrschaft auf seinen zweijährigen Sohn übergehen, welcher in den Annalen als 87. Mikado unter dem Namen Shijô- Tennô zehn Jahre lang (1232—1242) nominell dem Lande vorstand. Yasutoki liess die Aufständischen durch einen Verwandten ausein- ander jagen, doch fand die Empörung neue Nahrung, als kurz darauf der Exmikado im Alter von 23 Jahren plötzlich starb, indem man auch dies den Hôjô zuschrieb und als Strafe der Götter hinstellte, die erzürnt seien, dass nicht der rechtmässige Erbe, sondern ein Ver- wandter desselben und Günstling der Hôjô den Thron einnehme. Nara war Hauptsitz dieser erneuten Priesterbewegung. Um ihr ein Ende zu machen, unterdrückte Yasutoki die Einkünfte der Klöster und suchte ausserdem, indem er mit grossem Pompe den Shôgun Yoritsune von Kamakura nach Kiôto geleitete, damit er hier dem Mikado Shijô-Tennô seine Huldigung darbringe, die Aufmerksamkeit des Volkes auf andere Dinge zu lenken. Dann veranlasste er den Shôgun, durch Yamata zu reisen, die widerspenstigen Klöster zu be- suchen und ihnen liberale Geschenke zuzuwenden, um so dieselben für sich zu gewinnen. Im Jahre 1241 wurde der junge Mikado, obgleich er erst 11 Jahre alt war, für mündig erklärt und ihm eine Verwandte des Shôgun von nur 9 Jahren zur Frau gegeben. Ein Jahr darauf starb der Mikado plötzlich, und nun verlangte die öffentliche Meinung dringend die Rückkehr der legitimen Dynastie. Eine mächtige Partei in Kiôto, darunter die Häupter der Fujiwara, wünschte Tadanari, den Sohn des nach Sado verbannten Juntoku auf den Thron; Yasu- toki aber widersetzte sich diesem Streben und protegierte die Candi- datur von Kunihito, Sohn des 83. Mikado Tsuchi. Derselbe war bei der Verbannung der drei Exmikado geflüchtet, hatte später eine

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/310>, abgerufen am 22.11.2024.