Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.I. Geschichte des japanischen Volkes. darin, als Soldaten mit in den Krieg zu ziehen, während des Frie-dens auf der Burg oder vor der Wohnung ihres Herrn Wache zu hal- ten, in dessen Gefolge zu gehen und bei Feierlichkeiten in Ceremonie- tracht zu erscheinen. Ein kleiner Theil zeichnete sich durch kriege- rische Uebungen und Studien aus; die Mehrzahl schien zum Essen, Trinken, Rauchen und zu Excessen in Thee- und öffentlichen Häu- sern geboren. Es waren Leute, die nichts Höheres kannten, als ihre Schwerter in Ordnung zu halten und anzuhängen und die Schultern zu stemmen, Leute, die mit Verachtung die unteren Stände be- trachteten und ein Vergnügen daran fanden, den, von welchem sie glaubten beleidigt zu sein, niederzuhauen. Manche Samurai wurden Ronin (Wellenleute) und schweiften als solche herren- und rechtlos umher, zu jeder Schandthat fähig. Doch gab es unter den Ronin (also Samurai, die ihren angestammten Herrn und ihre Rechte ver- loren) auch solche, die keine schlechten Handlungen, noch Hang zum Vagabundieren, sondern ehrbare Gründe um Haus und Einkünfte gebracht hatten. Viele derselben gingen dann zu einem der drei Stände des Volkes über. Man begreift, dass ein so zahlreicher un- productiver Stand mit seinen Privilegien schliesslich zur grossen Last des Volkes und ein bedeutendes Hinderniss für dessen materielle und sittliche Entwickelung werden musste. Unter den Samurai gab es übrigens ebenfalls mehrere Rang- welche die tapferen Samurai dieser Clane gegenüber den übrigen entwickelten, diesem Umstande zuzuschreiben ist. *) Von hata, Fahne, und moto, Grundlage, Wurzel.
I. Geschichte des japanischen Volkes. darin, als Soldaten mit in den Krieg zu ziehen, während des Frie-dens auf der Burg oder vor der Wohnung ihres Herrn Wache zu hal- ten, in dessen Gefolge zu gehen und bei Feierlichkeiten in Ceremonie- tracht zu erscheinen. Ein kleiner Theil zeichnete sich durch kriege- rische Uebungen und Studien aus; die Mehrzahl schien zum Essen, Trinken, Rauchen und zu Excessen in Thee- und öffentlichen Häu- sern geboren. Es waren Leute, die nichts Höheres kannten, als ihre Schwerter in Ordnung zu halten und anzuhängen und die Schultern zu stemmen, Leute, die mit Verachtung die unteren Stände be- trachteten und ein Vergnügen daran fanden, den, von welchem sie glaubten beleidigt zu sein, niederzuhauen. Manche Samurai wurden Rônin (Wellenleute) und schweiften als solche herren- und rechtlos umher, zu jeder Schandthat fähig. Doch gab es unter den Rônin (also Samurai, die ihren angestammten Herrn und ihre Rechte ver- loren) auch solche, die keine schlechten Handlungen, noch Hang zum Vagabundieren, sondern ehrbare Gründe um Haus und Einkünfte gebracht hatten. Viele derselben gingen dann zu einem der drei Stände des Volkes über. Man begreift, dass ein so zahlreicher un- productiver Stand mit seinen Privilegien schliesslich zur grossen Last des Volkes und ein bedeutendes Hinderniss für dessen materielle und sittliche Entwickelung werden musste. Unter den Samurai gab es übrigens ebenfalls mehrere Rang- welche die tapferen Samurai dieser Clane gegenüber den übrigen entwickelten, diesem Umstande zuzuschreiben ist. *) Von hata, Fahne, und moto, Grundlage, Wurzel.
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I. Geschichte des japanischen Volkes.
darin, als Soldaten mit in den Krieg zu ziehen, während des Frie-
dens auf der Burg oder vor der Wohnung ihres Herrn Wache zu hal-
ten, in dessen Gefolge zu gehen und bei Feierlichkeiten in Ceremonie-
tracht zu erscheinen. Ein kleiner Theil zeichnete sich durch kriege-
rische Uebungen und Studien aus; die Mehrzahl schien zum Essen,
Trinken, Rauchen und zu Excessen in Thee- und öffentlichen Häu-
sern geboren. Es waren Leute, die nichts Höheres kannten, als ihre
Schwerter in Ordnung zu halten und anzuhängen und die Schultern
zu stemmen, Leute, die mit Verachtung die unteren Stände be-
trachteten und ein Vergnügen daran fanden, den, von welchem sie
glaubten beleidigt zu sein, niederzuhauen. Manche Samurai wurden
Rônin (Wellenleute) und schweiften als solche herren- und rechtlos
umher, zu jeder Schandthat fähig. Doch gab es unter den Rônin
(also Samurai, die ihren angestammten Herrn und ihre Rechte ver-
loren) auch solche, die keine schlechten Handlungen, noch Hang zum
Vagabundieren, sondern ehrbare Gründe um Haus und Einkünfte
gebracht hatten. Viele derselben gingen dann zu einem der drei
Stände des Volkes über. Man begreift, dass ein so zahlreicher un-
productiver Stand mit seinen Privilegien schliesslich zur grossen Last
des Volkes und ein bedeutendes Hinderniss für dessen materielle
und sittliche Entwickelung werden musste.
Unter den Samurai gab es übrigens ebenfalls mehrere Rang-
klassen. Obenan standen die Hatamoto (Fahnenstützen *). Sie
bildeten den Kern der Armee des Shôgun, waren dessen unmittel-
bare Vasallen und Soldaten und Offiziere aus guten alten Familien
und berühmten Kriegern unter den Minamoto hervorgegangen. Die-
selben folgten im Range den Fudai-Daimio, durften wie diese vor
dem Shôgun erscheinen (waren also hoffähig), und ebenso auf der
Landstrasse, sowie in Yedo reiten. Ihre Einkünfte variierten zwischen
500 und 9999 Koku. Jeder hatte wieder 3—30 Vasallen. Ein Hata-
moto konnte jedes Regierungsamt unter dem Staatsrathe bekleiden.
Die meisten Civil- und Militärbeamten unter der fünften Rangclasse,
alle sogenannten Yakunin (Geschäftsleute) des Shôgunats, wie Ge-
sandte, Dolmetscher, Spione, Verwalter kleinerer Schlösser, der Gär-
ten, sowie die Leibwache des Shôgun etc., gingen aus dieser Classe
hervor. Erwies sich ein Hatamoto besonders tüchtig und sollte er in
ein höheres Amt aufrücken, so wurde er Fudai, indem man seine
Einkünfte auf 10 000 Koku erhöhte. Es gab etwa 80 000 Hatamoto-
**)
*) Von hata, Fahne, und moto, Grundlage, Wurzel.
**) welche die tapferen Samurai dieser Clane gegenüber den übrigen entwickelten,
diesem Umstande zuzuschreiben ist.
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