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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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7. Periode. Japan seit dem Jahre 1854.
hindern, dass wenigstens 120 dieser harmlosen christlichen Bauern
auf einem Schiffe nach Kaga gesandt wurden. Kido *) sprach sich
bei dieser Gelegenheit gegen die Missionäre aus und erklärte sie
in Uebereinstimmung mit den Ansichten zur Zeit der Christenver-
folgungen unter den ersten Tokugawa für Leute, die nach Japan ge-
sandt würden, um die Japaner zum Ungehorsam gegen die Gesetze
zu verleiten.

Im Frühjahr 1868 hatte der Staatsrath und später so einfluss-
reiche Minister Okubo ein Memorandum an den Mikado gerichtet mit
folgendem Inhalte:

"Obgleich Ew. Majestät Truppen in den Kämpfen bei Fushimi
und Toba siegreich gewesen sind, so ist der Führer der Rebellen
doch entkommen. Die Gesinnungen der verschiedenen Clane sind
unbestimmt und unsere Beziehungen zu fremden Mächten auf keiner
befriedigenden Basis. Aussergewöhnliche Massregeln sind in einer
Krisis nöthig. Seit dem Mittelalter hat unser Kaiser hinter einer
spanischen Wand gelebt und nie die Erde betreten. Nichts, was
ausserhalb vorkam, drang je bis zu seinen geheiligten Ohren; die
kaiserliche Residenz war gründlich abgeschlossen und natürlich un-
gleich der Aussenwelt. Niemand, ausser einigen Hofadeligen, durfte
sich dem Throne nahen, eine Sitte, welche den Grundsätzen des
Himmels ganz entgegengesetzt war. Obgleich es die erste Pflicht des
Menschen ist, seinen Vorgesetzten hoch zu achten, so vernachlässigt
er doch seine Pflichten, wenn er diese Hochachtung übertreibt, wäh-
rend ein Bruch entsteht zwischen dem Souverän und seinen Unter-
thanen, welche nicht im Stande sind, ihre Anliegen vor ihn zu bringen.
Diese verderbliche Praxis ist in allen Zeitaltern häufig vorgekommen.
Möge jedoch von nun an pomphafte Etikette bei Seite bleiben und
Einfachheit unser erstes Bestreben sein. Kioto hat eine abseitige
Lage und ist als Sitz der Regierung ungeeignet. Möge Ew. Majestät
vorübergehend in Osaka residieren und dieses zu seiner Hauptstadt
machen, und so einen der Missbräuche beseitigen, welche wir aus
alter Zeit ererbt haben. Dieses scheint mir eine dringende Ange-
legenheit zu sein, und ich bitte Ew. Majestät Weisheit unterthänigst,
es ohne Zeitverlust zu beschliessen".

Dies Memorandum, entsprechend dem Geiste, welcher den ganzen
Hof beherrschte, verfehlte nicht seine Wirkung. Der Mikado begab

*) Ein Verwandter des japanischen Gesandten Aoki in Berlin und einer der
hervorragendsten Samurai aus Choshiu, hochgeachtet als makelloser Patriot und
tüchtiger Staatsmann.

7. Periode. Japan seit dem Jahre 1854.
hindern, dass wenigstens 120 dieser harmlosen christlichen Bauern
auf einem Schiffe nach Kaga gesandt wurden. Kido *) sprach sich
bei dieser Gelegenheit gegen die Missionäre aus und erklärte sie
in Uebereinstimmung mit den Ansichten zur Zeit der Christenver-
folgungen unter den ersten Tokugawa für Leute, die nach Japan ge-
sandt würden, um die Japaner zum Ungehorsam gegen die Gesetze
zu verleiten.

Im Frühjahr 1868 hatte der Staatsrath und später so einfluss-
reiche Minister Ôkubo ein Memorandum an den Mikado gerichtet mit
folgendem Inhalte:

»Obgleich Ew. Majestät Truppen in den Kämpfen bei Fushimi
und Toba siegreich gewesen sind, so ist der Führer der Rebellen
doch entkommen. Die Gesinnungen der verschiedenen Clane sind
unbestimmt und unsere Beziehungen zu fremden Mächten auf keiner
befriedigenden Basis. Aussergewöhnliche Massregeln sind in einer
Krisis nöthig. Seit dem Mittelalter hat unser Kaiser hinter einer
spanischen Wand gelebt und nie die Erde betreten. Nichts, was
ausserhalb vorkam, drang je bis zu seinen geheiligten Ohren; die
kaiserliche Residenz war gründlich abgeschlossen und natürlich un-
gleich der Aussenwelt. Niemand, ausser einigen Hofadeligen, durfte
sich dem Throne nahen, eine Sitte, welche den Grundsätzen des
Himmels ganz entgegengesetzt war. Obgleich es die erste Pflicht des
Menschen ist, seinen Vorgesetzten hoch zu achten, so vernachlässigt
er doch seine Pflichten, wenn er diese Hochachtung übertreibt, wäh-
rend ein Bruch entsteht zwischen dem Souverän und seinen Unter-
thanen, welche nicht im Stande sind, ihre Anliegen vor ihn zu bringen.
Diese verderbliche Praxis ist in allen Zeitaltern häufig vorgekommen.
Möge jedoch von nun an pomphafte Etikette bei Seite bleiben und
Einfachheit unser erstes Bestreben sein. Kiôto hat eine abseitige
Lage und ist als Sitz der Regierung ungeeignet. Möge Ew. Majestät
vorübergehend in Ôsaka residieren und dieses zu seiner Hauptstadt
machen, und so einen der Missbräuche beseitigen, welche wir aus
alter Zeit ererbt haben. Dieses scheint mir eine dringende Ange-
legenheit zu sein, und ich bitte Ew. Majestät Weisheit unterthänigst,
es ohne Zeitverlust zu beschliessen«.

Dies Memorandum, entsprechend dem Geiste, welcher den ganzen
Hof beherrschte, verfehlte nicht seine Wirkung. Der Mikado begab

*) Ein Verwandter des japanischen Gesandten Aoki in Berlin und einer der
hervorragendsten Samurai aus Chôshiu, hochgeachtet als makelloser Patriot und
tüchtiger Staatsmann.
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[415/0443] 7. Periode. Japan seit dem Jahre 1854. hindern, dass wenigstens 120 dieser harmlosen christlichen Bauern auf einem Schiffe nach Kaga gesandt wurden. Kido *) sprach sich bei dieser Gelegenheit gegen die Missionäre aus und erklärte sie in Uebereinstimmung mit den Ansichten zur Zeit der Christenver- folgungen unter den ersten Tokugawa für Leute, die nach Japan ge- sandt würden, um die Japaner zum Ungehorsam gegen die Gesetze zu verleiten. Im Frühjahr 1868 hatte der Staatsrath und später so einfluss- reiche Minister Ôkubo ein Memorandum an den Mikado gerichtet mit folgendem Inhalte: »Obgleich Ew. Majestät Truppen in den Kämpfen bei Fushimi und Toba siegreich gewesen sind, so ist der Führer der Rebellen doch entkommen. Die Gesinnungen der verschiedenen Clane sind unbestimmt und unsere Beziehungen zu fremden Mächten auf keiner befriedigenden Basis. Aussergewöhnliche Massregeln sind in einer Krisis nöthig. Seit dem Mittelalter hat unser Kaiser hinter einer spanischen Wand gelebt und nie die Erde betreten. Nichts, was ausserhalb vorkam, drang je bis zu seinen geheiligten Ohren; die kaiserliche Residenz war gründlich abgeschlossen und natürlich un- gleich der Aussenwelt. Niemand, ausser einigen Hofadeligen, durfte sich dem Throne nahen, eine Sitte, welche den Grundsätzen des Himmels ganz entgegengesetzt war. Obgleich es die erste Pflicht des Menschen ist, seinen Vorgesetzten hoch zu achten, so vernachlässigt er doch seine Pflichten, wenn er diese Hochachtung übertreibt, wäh- rend ein Bruch entsteht zwischen dem Souverän und seinen Unter- thanen, welche nicht im Stande sind, ihre Anliegen vor ihn zu bringen. Diese verderbliche Praxis ist in allen Zeitaltern häufig vorgekommen. Möge jedoch von nun an pomphafte Etikette bei Seite bleiben und Einfachheit unser erstes Bestreben sein. Kiôto hat eine abseitige Lage und ist als Sitz der Regierung ungeeignet. Möge Ew. Majestät vorübergehend in Ôsaka residieren und dieses zu seiner Hauptstadt machen, und so einen der Missbräuche beseitigen, welche wir aus alter Zeit ererbt haben. Dieses scheint mir eine dringende Ange- legenheit zu sein, und ich bitte Ew. Majestät Weisheit unterthänigst, es ohne Zeitverlust zu beschliessen«. Dies Memorandum, entsprechend dem Geiste, welcher den ganzen Hof beherrschte, verfehlte nicht seine Wirkung. Der Mikado begab *) Ein Verwandter des japanischen Gesandten Aoki in Berlin und einer der hervorragendsten Samurai aus Chôshiu, hochgeachtet als makelloser Patriot und tüchtiger Staatsmann.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/443>, abgerufen am 22.11.2024.