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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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III. Topographie.
es in der Neuzeit im Gegensatz zu Tokio auch viel genannt wird,
ist die drittgrösste Stadt Japans. Im nördlichen Theil der fruchtbaren
Ebene von Yamashiro breitet sich dieselbe in Form einer von Norden
nach Süden gerichteten Ellipse von 1 ri 24 cho Länge und 1 ri Breite
aus und wird auf der Ostseite vom Kamo-gawa durchflossen. Ihre
geographische Lage ist 35° 0' N. und 135° 30' ö. Gr. (4° 2' w. Tokio).
Der kleinere östliche Stadttheil steigt vom linken Ufer des Flusses
allmählich empor zu den steileren bewaldeten Partieen eines Höhen-
zuges von meridionaler Richtung, dem Higashi-yama oder Ostberge,
welcher prächtige Aussichten über die Stadt und ihre Umgebung ge-
währt. Wie hier, so ist auch gen Westen und Norden, doch in
grösserem Abstande, die Stadt und Ebene von bewaldeten Bergen
umgeben, welche wie der Atago-yama auf der Westseite und der
Hiye-zan im Nordosten über 800 Meter Höhe erreichen. Kioto zählt
gegenwärtig 1700 Strassen, 63217 Häuser und 240000 Bewohner.
Es hat 93 Kamihallen und 945 Buddhatempel, darunter manche von
hohem Rufe.

Im Jahre 794 wurde Kioto (damals ein kleiner Ort Namens Uda-
mura) von Kuwammu-Tenno zur Residenz gemacht und blieb es
ununterbrochen bis zur Restauration im Jahre 1868, wo der jetzige
Mikado nach Yedo übersiedelte. Während dieser langen Periode von
über tausend Jahren war es der geistige und -- bevor Osaka und
Yedo ihm den Rang abliefen -- auch in materieller Beziehung der
Mittelpunkt des Landes. Im Kunstgewerbe, zumal der Seiden-,
Metall- und keramischen Industrie, nimmt Kioto unter den Städten
Japans noch immer den ersten Rang ein, übertrifft alle in Regel-
mässigkeit und Reinlichkeit der Strassen und vor allem in seinen
historischen Erinnerungen; denn hier und in der weiten Umgegend
ist der klassische Boden, auf dem der interessanteste Theil der
japanischen Geschichte spielt.

Kioto hat eine viel regelmässigere Bauart, als die meisten andern
Städte des Landes. Seine Strassen sind zwar nicht sehr breit, aber
schnurgrade und schneiden sich meist rechtwinkelig, indem sie parallel
zu den Achsen des elliptischen Planes von Norden nach Süden und
von Westen nach Osten laufen. Die Namen der bedeutendsten mit
westöstlicher Richtung beziehen sich auf die Ordnung, in welcher sie
von Norden her auf einander folgen, nämlich: Ichi-jo, Ni-jo, San-jo,
Shi-jo, Go-jo, Roku-jo, Shichi-jo (die 1., 2., 3., 4., 5., 6., 7., Strasse).
Ihnen entsprechend führen auf der Ostseite eine Anzahl Brücken
über den Kamo-gawa, unter denen besonders die Brücke der dritten
Strasse, die Sanjo-bashi (oder Sanjo-no-ohashi) hervorzuheben ist.

III. Topographie.
es in der Neuzeit im Gegensatz zu Tôkio auch viel genannt wird,
ist die drittgrösste Stadt Japans. Im nördlichen Theil der fruchtbaren
Ebene von Yamashiro breitet sich dieselbe in Form einer von Norden
nach Süden gerichteten Ellipse von 1 ri 24 chô Länge und 1 ri Breite
aus und wird auf der Ostseite vom Kamo-gawa durchflossen. Ihre
geographische Lage ist 35° 0' N. und 135° 30' ö. Gr. (4° 2' w. Tôkio).
Der kleinere östliche Stadttheil steigt vom linken Ufer des Flusses
allmählich empor zu den steileren bewaldeten Partieen eines Höhen-
zuges von meridionaler Richtung, dem Higashi-yama oder Ostberge,
welcher prächtige Aussichten über die Stadt und ihre Umgebung ge-
währt. Wie hier, so ist auch gen Westen und Norden, doch in
grösserem Abstande, die Stadt und Ebene von bewaldeten Bergen
umgeben, welche wie der Atago-yama auf der Westseite und der
Hiye-zan im Nordosten über 800 Meter Höhe erreichen. Kiôto zählt
gegenwärtig 1700 Strassen, 63217 Häuser und 240000 Bewohner.
Es hat 93 Kamihallen und 945 Buddhatempel, darunter manche von
hohem Rufe.

Im Jahre 794 wurde Kiôto (damals ein kleiner Ort Namens Uda-
mura) von Kuwammu-Tennô zur Residenz gemacht und blieb es
ununterbrochen bis zur Restauration im Jahre 1868, wo der jetzige
Mikado nach Yedo übersiedelte. Während dieser langen Periode von
über tausend Jahren war es der geistige und — bevor Ôsaka und
Yedo ihm den Rang abliefen — auch in materieller Beziehung der
Mittelpunkt des Landes. Im Kunstgewerbe, zumal der Seiden-,
Metall- und keramischen Industrie, nimmt Kiôto unter den Städten
Japans noch immer den ersten Rang ein, übertrifft alle in Regel-
mässigkeit und Reinlichkeit der Strassen und vor allem in seinen
historischen Erinnerungen; denn hier und in der weiten Umgegend
ist der klassische Boden, auf dem der interessanteste Theil der
japanischen Geschichte spielt.

Kiôto hat eine viel regelmässigere Bauart, als die meisten andern
Städte des Landes. Seine Strassen sind zwar nicht sehr breit, aber
schnurgrade und schneiden sich meist rechtwinkelig, indem sie parallel
zu den Achsen des elliptischen Planes von Norden nach Süden und
von Westen nach Osten laufen. Die Namen der bedeutendsten mit
westöstlicher Richtung beziehen sich auf die Ordnung, in welcher sie
von Norden her auf einander folgen, nämlich: Ichi-jô, Ni-jô, San-jô,
Shi-jô, Go-jô, Roku-jô, Shichi-jô (die 1., 2., 3., 4., 5., 6., 7., Strasse).
Ihnen entsprechend führen auf der Ostseite eine Anzahl Brücken
über den Kamo-gawa, unter denen besonders die Brücke der dritten
Strasse, die Sanjô-bashi (oder Sanjô-no-ohashi) hervorzuheben ist.

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[542/0580] III. Topographie. es in der Neuzeit im Gegensatz zu Tôkio auch viel genannt wird, ist die drittgrösste Stadt Japans. Im nördlichen Theil der fruchtbaren Ebene von Yamashiro breitet sich dieselbe in Form einer von Norden nach Süden gerichteten Ellipse von 1 ri 24 chô Länge und 1 ri Breite aus und wird auf der Ostseite vom Kamo-gawa durchflossen. Ihre geographische Lage ist 35° 0' N. und 135° 30' ö. Gr. (4° 2' w. Tôkio). Der kleinere östliche Stadttheil steigt vom linken Ufer des Flusses allmählich empor zu den steileren bewaldeten Partieen eines Höhen- zuges von meridionaler Richtung, dem Higashi-yama oder Ostberge, welcher prächtige Aussichten über die Stadt und ihre Umgebung ge- währt. Wie hier, so ist auch gen Westen und Norden, doch in grösserem Abstande, die Stadt und Ebene von bewaldeten Bergen umgeben, welche wie der Atago-yama auf der Westseite und der Hiye-zan im Nordosten über 800 Meter Höhe erreichen. Kiôto zählt gegenwärtig 1700 Strassen, 63217 Häuser und 240000 Bewohner. Es hat 93 Kamihallen und 945 Buddhatempel, darunter manche von hohem Rufe. Im Jahre 794 wurde Kiôto (damals ein kleiner Ort Namens Uda- mura) von Kuwammu-Tennô zur Residenz gemacht und blieb es ununterbrochen bis zur Restauration im Jahre 1868, wo der jetzige Mikado nach Yedo übersiedelte. Während dieser langen Periode von über tausend Jahren war es der geistige und — bevor Ôsaka und Yedo ihm den Rang abliefen — auch in materieller Beziehung der Mittelpunkt des Landes. Im Kunstgewerbe, zumal der Seiden-, Metall- und keramischen Industrie, nimmt Kiôto unter den Städten Japans noch immer den ersten Rang ein, übertrifft alle in Regel- mässigkeit und Reinlichkeit der Strassen und vor allem in seinen historischen Erinnerungen; denn hier und in der weiten Umgegend ist der klassische Boden, auf dem der interessanteste Theil der japanischen Geschichte spielt. Kiôto hat eine viel regelmässigere Bauart, als die meisten andern Städte des Landes. Seine Strassen sind zwar nicht sehr breit, aber schnurgrade und schneiden sich meist rechtwinkelig, indem sie parallel zu den Achsen des elliptischen Planes von Norden nach Süden und von Westen nach Osten laufen. Die Namen der bedeutendsten mit westöstlicher Richtung beziehen sich auf die Ordnung, in welcher sie von Norden her auf einander folgen, nämlich: Ichi-jô, Ni-jô, San-jô, Shi-jô, Go-jô, Roku-jô, Shichi-jô (die 1., 2., 3., 4., 5., 6., 7., Strasse). Ihnen entsprechend führen auf der Ostseite eine Anzahl Brücken über den Kamo-gawa, unter denen besonders die Brücke der dritten Strasse, die Sanjô-bashi (oder Sanjô-no-ohashi) hervorzuheben ist.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/580>, abgerufen am 22.11.2024.