[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.Charackter die Zahl unsrer Freunde. Hingegen wer nichts hat, der bekommt auch nichts. - - Mein Herz spricht dagegen, daß ich Sie bitten soll, Jhren Briefwechsel mit mir aufzuheben; - - und doch leidet es mein Gewissen nicht, ihn ge- gen das Verbot Jhrer Frau Mutter fortzusetzen. Doch ich darf nicht alle Gründe dagegen anfüh- ren, die ich sagen könnte, - - und warum? Aus Furcht, Sie zu überzeugen; und so würden Sie mich, gleich meinen übrigen Freunden ver- lassen. Jch stelle es also Jhnen anheim, dies auszumachen. - - Mir muß man das nicht auf- geben, das merke ich. Aber lassen Sie alle Schuld, und alle Straffe mein seyn, wenn es strafwürdig ist! - - Und das muß es gewiß seyn, wenn es solche gar zu hitzige Aussprüche veranlassen kann, als die sind, womit Sie den Brief beschliessen, den ich vor mir habe, und worüber ich Sie künftig nicht weiter auskeifen darf, weil Sie es verbeten haben. Auf den zweiten Brief u. s. w. Th. III. S. 430. L. 26. nach den Wor- ten: ob du recht hast. Noch eine Regel, wenn du willst. - - Daß Sie
Charackter die Zahl unſrer Freunde. Hingegen wer nichts hat, der bekommt auch nichts. ‒ ‒ Mein Herz ſpricht dagegen, daß ich Sie bitten ſoll, Jhren Briefwechſel mit mir aufzuheben; ‒ ‒ und doch leidet es mein Gewiſſen nicht, ihn ge- gen das Verbot Jhrer Frau Mutter fortzuſetzen. Doch ich darf nicht alle Gruͤnde dagegen anfuͤh- ren, die ich ſagen koͤnnte, ‒ ‒ und warum? Aus Furcht, Sie zu uͤberzeugen; und ſo wuͤrden Sie mich, gleich meinen uͤbrigen Freunden ver- laſſen. Jch ſtelle es alſo Jhnen anheim, dies auszumachen. ‒ ‒ Mir muß man das nicht auf- geben, das merke ich. Aber laſſen Sie alle Schuld, und alle Straffe mein ſeyn, wenn es ſtrafwuͤrdig iſt! ‒ ‒ Und das muß es gewiß ſeyn, wenn es ſolche gar zu hitzige Ausſpruͤche veranlaſſen kann, als die ſind, womit Sie den Brief beſchlieſſen, den ich vor mir habe, und woruͤber ich Sie kuͤnftig nicht weiter auskeifen darf, weil Sie es verbeten haben. Auf den zweiten Brief u. ſ. w. Th. III. S. 430. L. 26. nach den Wor- ten: ob du recht haſt. Noch eine Regel, wenn du willſt. ‒ ‒ Daß Sie
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Charackter die Zahl unſrer Freunde. Hingegen
wer nichts hat, der bekommt auch nichts. ‒ ‒
Mein Herz ſpricht dagegen, daß ich Sie bitten
ſoll, Jhren Briefwechſel mit mir aufzuheben; ‒ ‒
und doch leidet es mein Gewiſſen nicht, ihn ge-
gen das Verbot Jhrer Frau Mutter fortzuſetzen.
Doch ich darf nicht alle Gruͤnde dagegen anfuͤh-
ren, die ich ſagen koͤnnte, ‒ ‒ und warum? Aus
Furcht, Sie zu uͤberzeugen; und ſo wuͤrden
Sie mich, gleich meinen uͤbrigen Freunden ver-
laſſen. Jch ſtelle es alſo Jhnen anheim, dies
auszumachen. ‒ ‒ Mir muß man das nicht auf-
geben, das merke ich. Aber laſſen Sie alle
Schuld, und alle Straffe mein ſeyn, wenn es
ſtrafwuͤrdig iſt! ‒ ‒ Und das muß es gewiß
ſeyn, wenn es ſolche gar zu hitzige Ausſpruͤche
veranlaſſen kann, als die ſind, womit Sie den
Brief beſchlieſſen, den ich vor mir habe, und
woruͤber ich Sie kuͤnftig nicht weiter auskeifen
darf, weil Sie es verbeten haben.
Auf den zweiten Brief u. ſ. w.
Th. III. S. 430. L. 26. nach den Wor-
ten: ob du recht haſt.
Noch eine Regel, wenn du willſt. ‒ ‒ Daß
du niemals gegen die Staͤrke, die eine tugend-
hafte Erziehung uͤber das Gemuͤth eines Frauen-
zimmers haben ſollte, etwas einwendeſt, und
dich bemuͤheſt, die Schwachheiten der Maͤdgen
mit unſern Schwachheiten zu entſchuldigen!
Denn ſind wir nicht einer des andern Teufel?
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