einander auf die Schultern an andre Oerter, wo wir noch nicht hergekommen sind, um uns noch einmal zu betrachten. Jede Gasse schickt einen neuen Schwarm Leute, die zu spät kommen, den fortrollenden Schneeball vergrössern, und zufrieden sind, sich unsre Person, Betragen und Anstand von denen beschreiben zu lassen, die so glücklich waren, und zeitig genug kamen, uns zu sehen!
Würklich, Bruder, wenn wir nach un- sern Grundsätzen und nach unsrer Lebensart ur- theilen wollen, so sehe ich nicht, warum wir bei unserm Aufzuge, wenn uns dies widerfüh- re, nicht eben so erhaben einhertreten sollten, als andre bei Gelegenheiten, die den Pöbel am meisten herbei ziehen. - - Zum Exempel ein Lord Maire in seinem bunten Pomp! ein siegreicher Feldherr, oder ein Gesandter bei sei- nem öffentlichen Einzüge! oder, (denn ich ha- be bei den geringsten angefangen) ein König, bei dem feierlichsten Aufzuge, den man sich denken kann, bei seiner Krönung! Denn macht nicht bei allen diesen die königliche Wa- che, die heroisch-bewafneten Bürger-Com- pagnien, das Gedränge der Zuschauer, die an den Häusern von oben bis unten hinunter hän- gen, und ihre Köpfe hin und her bewegen, o- der in den Gassen laufen, wie ich oben beschrie- ben habe, den vornehmsten Theil der schönen Rarität aus?
Höre
einander auf die Schultern an andre Oerter, wo wir noch nicht hergekommen ſind, um uns noch einmal zu betrachten. Jede Gaſſe ſchickt einen neuen Schwarm Leute, die zu ſpaͤt kommen, den fortrollenden Schneeball vergroͤſſern, und zufrieden ſind, ſich unſre Perſon, Betragen und Anſtand von denen beſchreiben zu laſſen, die ſo gluͤcklich waren, und zeitig genug kamen, uns zu ſehen!
Wuͤrklich, Bruder, wenn wir nach un- ſern Grundſaͤtzen und nach unſrer Lebensart ur- theilen wollen, ſo ſehe ich nicht, warum wir bei unſerm Aufzuge, wenn uns dies widerfuͤh- re, nicht eben ſo erhaben einhertreten ſollten, als andre bei Gelegenheiten, die den Poͤbel am meiſten herbei ziehen. ‒ ‒ Zum Exempel ein Lord Maire in ſeinem bunten Pomp! ein ſiegreicher Feldherr, oder ein Geſandter bei ſei- nem oͤffentlichen Einzuͤge! oder, (denn ich ha- be bei den geringſten angefangen) ein Koͤnig, bei dem feierlichſten Aufzuge, den man ſich denken kann, bei ſeiner Kroͤnung! Denn macht nicht bei allen dieſen die koͤnigliche Wa- che, die heroiſch-bewafneten Buͤrger-Com- pagnien, das Gedraͤnge der Zuſchauer, die an den Haͤuſern von oben bis unten hinunter haͤn- gen, und ihre Koͤpfe hin und her bewegen, o- der in den Gaſſen laufen, wie ich oben beſchrie- ben habe, den vornehmſten Theil der ſchoͤnen Raritaͤt aus?
Hoͤre
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einander auf die Schultern an andre Oerter, wo
wir noch nicht hergekommen ſind, um uns noch
einmal zu betrachten. Jede Gaſſe ſchickt einen
neuen Schwarm Leute, die zu ſpaͤt kommen,
den fortrollenden Schneeball vergroͤſſern, und
zufrieden ſind, ſich unſre Perſon, Betragen
und Anſtand von denen beſchreiben zu laſſen,
die ſo gluͤcklich waren, und zeitig genug kamen,
uns zu ſehen!
Wuͤrklich, Bruder, wenn wir nach un-
ſern Grundſaͤtzen und nach unſrer Lebensart ur-
theilen wollen, ſo ſehe ich nicht, warum wir
bei unſerm Aufzuge, wenn uns dies widerfuͤh-
re, nicht eben ſo erhaben einhertreten ſollten,
als andre bei Gelegenheiten, die den Poͤbel am
meiſten herbei ziehen. ‒ ‒ Zum Exempel ein
Lord Maire in ſeinem bunten Pomp! ein
ſiegreicher Feldherr, oder ein Geſandter bei ſei-
nem oͤffentlichen Einzuͤge! oder, (denn ich ha-
be bei den geringſten angefangen) ein Koͤnig,
bei dem feierlichſten Aufzuge, den man ſich
denken kann, bei ſeiner Kroͤnung! Denn
macht nicht bei allen dieſen die koͤnigliche Wa-
che, die heroiſch-bewafneten Buͤrger-Com-
pagnien, das Gedraͤnge der Zuſchauer, die an
den Haͤuſern von oben bis unten hinunter haͤn-
gen, und ihre Koͤpfe hin und her bewegen, o-
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Raritaͤt aus?
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/186>, abgerufen am 16.02.2025.
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