ren, deren einige, wie sie nicht zweifelte, mun- ter und erbaulich seyn müßten, so könnte sie nicht läugnen, daß sie einige gern sehen möch- te; vornemlich die, welche Jungfer Martin gesehen und gerühmet hätte.
Das war mir nahe gelegt!
Jch sahe sie an, ob ich nicht ein bisgen Ei- fersucht in den letzten Worten entdecken könnte, daß nemlich Jungfer Martin etwas gesehen hätte, was ich ihr nicht zu zeigen für gut ge- funden. Aber sie lies nicht das geringste bli- cken. Jch sagte also nur: Jch würde mir eine grosse Ehre daraus machen, ihr nicht al- lein diese, sondern auch alle übrigen zu zeigen, die ich mit Herrn Belford gewechselt. Doch müßte ich sie erinnern, daß sie doch die Be- dingung wüßte?
Bedingung? Nein! Sie ließ ihren spröden und schönen Mund hängen. Ein wenig lie- benswürdige Verachtung blickte mit hervor, die nur bei einer so blühenden Jugend, und einer so göttlich-erhabnen Schönheit liebens- würdig seyn kann!
Wie wünsche ich, eine solche Bewegung noch einmal zu sehen, die ihr Mund allein zu machen weiß!
Doch ich bin närrisch vor Liebe. Dennoch wird sie ewig von mir entfernet bleiben, so lan- ge ich sie um den Kauf zu erhalten gedenke. Meine Seele ist bald Feuer, bald Eis, und bläset doch beständig, wenn ich so reden darf.
Vergeb-
ren, deren einige, wie ſie nicht zweifelte, mun- ter und erbaulich ſeyn muͤßten, ſo koͤnnte ſie nicht laͤugnen, daß ſie einige gern ſehen moͤch- te; vornemlich die, welche Jungfer Martin geſehen und geruͤhmet haͤtte.
Das war mir nahe gelegt!
Jch ſahe ſie an, ob ich nicht ein bisgen Ei- ferſucht in den letzten Worten entdecken koͤnnte, daß nemlich Jungfer Martin etwas geſehen haͤtte, was ich ihr nicht zu zeigen fuͤr gut ge- funden. Aber ſie lies nicht das geringſte bli- cken. Jch ſagte alſo nur: Jch wuͤrde mir eine groſſe Ehre daraus machen, ihr nicht al- lein dieſe, ſondern auch alle uͤbrigen zu zeigen, die ich mit Herrn Belford gewechſelt. Doch muͤßte ich ſie erinnern, daß ſie doch die Be- dingung wuͤßte?
Bedingung? Nein! Sie ließ ihren ſproͤden und ſchoͤnen Mund haͤngen. Ein wenig lie- benswuͤrdige Verachtung blickte mit hervor, die nur bei einer ſo bluͤhenden Jugend, und einer ſo goͤttlich-erhabnen Schoͤnheit liebens- wuͤrdig ſeyn kann!
Wie wuͤnſche ich, eine ſolche Bewegung noch einmal zu ſehen, die ihr Mund allein zu machen weiß!
Doch ich bin naͤrriſch vor Liebe. Dennoch wird ſie ewig von mir entfernet bleiben, ſo lan- ge ich ſie um den Kauf zu erhalten gedenke. Meine Seele iſt bald Feuer, bald Eis, und blaͤſet doch beſtaͤndig, wenn ich ſo reden darf.
Vergeb-
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nicht laͤugnen, daß ſie einige gern ſehen moͤch-
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geſehen und geruͤhmet haͤtte.
Das war mir nahe gelegt!
Jch ſahe ſie an, ob ich nicht ein bisgen Ei-
ferſucht in den letzten Worten entdecken koͤnnte,
daß nemlich Jungfer Martin etwas geſehen
haͤtte, was ich ihr nicht zu zeigen fuͤr gut ge-
funden. Aber ſie lies nicht das geringſte bli-
cken. Jch ſagte alſo nur: Jch wuͤrde mir
eine groſſe Ehre daraus machen, ihr nicht al-
lein dieſe, ſondern auch alle uͤbrigen zu zeigen,
die ich mit Herrn Belford gewechſelt. Doch
muͤßte ich ſie erinnern, daß ſie doch die Be-
dingung wuͤßte?
Bedingung? Nein! Sie ließ ihren ſproͤden
und ſchoͤnen Mund haͤngen. Ein wenig lie-
benswuͤrdige Verachtung blickte mit hervor,
die nur bei einer ſo bluͤhenden Jugend, und
einer ſo goͤttlich-erhabnen Schoͤnheit liebens-
wuͤrdig ſeyn kann!
Wie wuͤnſche ich, eine ſolche Bewegung
noch einmal zu ſehen, die ihr Mund allein zu
machen weiß!
Doch ich bin naͤrriſch vor Liebe. Dennoch
wird ſie ewig von mir entfernet bleiben, ſo lan-
ge ich ſie um den Kauf zu erhalten gedenke.
Meine Seele iſt bald Feuer, bald Eis, und
blaͤſet doch beſtaͤndig, wenn ich ſo reden darf.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/195>, abgerufen am 16.02.2025.
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