Bactrien herrschte die persische Lehre; der Philo- soph Laokiun war weit gegen Westen gereist.
Hat es mit der indischen Sankhyo oder Zahlenphilosophie des Kopilo vielleicht die gleiche Bewandniß? Ist, so wie späterhin die Lehre des Fo aus Indien nach China kam, dasselbe auch schon früher mit andern Systemen geschehen? -- In den Scholien zu Monu's Gesetzbuch werden Mohot und Ovyokto, das Mächtige, und der Unbestimmbare, Untheilbare oder Unbegreifliche als die beiden Principien der Philosophie des Kopilo angegeben. Vielleicht war aber diese scheinbare Dualität eben so gemeint wie im Y-- king; daß der Geist der Sankhyolehren durchaus pantheistisch sei, läßt sich wenigstens nach dem Bhogvotgita nicht bezweifeln, man müßte denn annehmen, der Verfasser habe sie durchaus mis- verstanden, oder nach seiner eignen Denkart ge- waltsam umgedeutet. Im Bhogotgita, wie ver- muthlich in allen dem Vyaso zugeschriebenen Werken, herrscht die Vedanto-Lehre, deren Urheber er war; daher kennen wir diese unter allen indischen Philosophien am besten.
Bactrien herrſchte die perſiſche Lehre; der Philo- ſoph Laokiun war weit gegen Weſten gereist.
Hat es mit der indiſchen Sankhyo oder Zahlenphiloſophie des Kopilo vielleicht die gleiche Bewandniß? Iſt, ſo wie ſpaͤterhin die Lehre des Fo aus Indien nach China kam, daſſelbe auch ſchon fruͤher mit andern Syſtemen geſchehen? — In den Scholien zu Monu’s Geſetzbuch werden Mohot und Ovyokto, das Maͤchtige, und der Unbeſtimmbare, Untheilbare oder Unbegreifliche als die beiden Principien der Philoſophie des Kopilo angegeben. Vielleicht war aber dieſe ſcheinbare Dualitaͤt eben ſo gemeint wie im Y— king; daß der Geiſt der Sankhyolehren durchaus pantheiſtiſch ſei, laͤßt ſich wenigſtens nach dem Bhogvotgita nicht bezweifeln, man muͤßte denn annehmen, der Verfaſſer habe ſie durchaus mis- verſtanden, oder nach ſeiner eignen Denkart ge- waltſam umgedeutet. Im Bhogotgita, wie ver- muthlich in allen dem Vyaſo zugeſchriebenen Werken, herrſcht die Vedanto-Lehre, deren Urheber er war; daher kennen wir dieſe unter allen indiſchen Philoſophien am beſten.
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Bactrien herrſchte die perſiſche Lehre; der Philo-
ſoph Laokiun war weit gegen Weſten gereist.
Hat es mit der indiſchen Sankhyo oder
Zahlenphiloſophie des Kopilo vielleicht die gleiche
Bewandniß? Iſt, ſo wie ſpaͤterhin die Lehre des
Fo aus Indien nach China kam, daſſelbe auch
ſchon fruͤher mit andern Syſtemen geſchehen? —
In den Scholien zu Monu’s Geſetzbuch werden
Mohot und Ovyokto, das Maͤchtige, und der
Unbeſtimmbare, Untheilbare oder Unbegreifliche
als die beiden Principien der Philoſophie des
Kopilo angegeben. Vielleicht war aber dieſe
ſcheinbare Dualitaͤt eben ſo gemeint wie im Y—
king; daß der Geiſt der Sankhyolehren durchaus
pantheiſtiſch ſei, laͤßt ſich wenigſtens nach dem
Bhogvotgita nicht bezweifeln, man muͤßte denn
annehmen, der Verfaſſer habe ſie durchaus mis-
verſtanden, oder nach ſeiner eignen Denkart ge-
waltſam umgedeutet. Im Bhogotgita, wie ver-
muthlich in allen dem Vyaſo zugeſchriebenen
Werken, herrſcht die Vedanto-Lehre, deren
Urheber er war; daher kennen wir dieſe unter
allen indiſchen Philoſophien am beſten.
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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/166>, abgerufen am 21.11.2024.
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