Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.an den Leser. Geist zu Wercke richtet/ oder den Geist deßMenschen damit anthut: Sondern weil sie selbst der Heilige Geist/ GOtt die Liebe ist/ weil durch Jhn/ welcher die Liebe deß Vatters und deß Sohnes ist/ und Einheit/ und Anmütig- keit/ und Gut/ und Kuß/ und umbfassung/ und alles was beyden kan gemein sein/ in jener höch- sten Vereinigung der Warheit/ und Warheit der Vereinigung/ eben dasselbe dem Menschen auff seine Art zu GOtt geschicht/ was mit der selb ständigen Einheit dem Sohne zum Vat- ter/ oder dem Vatter zum Sohne/ wann in der umbfahung und Kuß deß Vatters und deß Sohns sich etlicher massen mitten inne befindet daß seelige Gewissen; da auff eine unauß- sprechliche und Ungedänckliche weise der GOt- tes Mensch verdienet zu werden/ nicht GOtt; sondern doch was GOtt ist auß Natur/ der Mensch auß Genaden. Und dises Bernardus. Fragstu wie daß zugehen könne/ weil daß Gött- liche Wesen unmittheilhafftig ist? So antwort ich dir fürs Erste mit dem heiligen Bonaven- tura: So du es wissen wilt/ so frage die Ge- nade/ und nicht die Lehre: Daß Verlangen/ und nicht den Verstand: daß Seufftzen deß Gebeths/ und nicht daß fleissige lesen: Den Bräutigam/ nicht den Meister: GOtt/ nicht Menschen: Die tunckelheit/ nicht die Klarheit: Nicht daß Liecht/ sondern daß Fewer welches gantz A 6
an den Leſer. Geiſt zu Wercke richtet/ oder den Geiſt deßMenſchen damit anthut: Sondern weil ſie ſelbſt der Heilige Geiſt/ GOtt die Liebe iſt/ weil durch Jhn/ welcher die Liebe deß Vatters und deß Sohnes iſt/ und Einheit/ und Anmuͤtig- keit/ und Gut/ und Kuß/ und umbfaſſung/ und alles was beyden kan gemein ſein/ in jener hoͤch- ſten Vereinigung der Warheit/ und Warheit der Vereinigung/ eben daſſelbe dem Menſchen auff ſeine Art zu GOtt geſchicht/ was mit der ſelb ſtaͤndigen Einheit dem Sohne zum Vat- ter/ oder dem Vatter zum Sohne/ wann in der umbfahung und Kuß deß Vatters und deß Sohns ſich etlicher maſſen mitten inne befindet daß ſeelige Gewiſſen; da auff eine unauß- ſprechliche und Ungedaͤnckliche weiſe der GOt- tes Menſch verdienet zu werden/ nicht GOtt; ſondern doch was GOtt iſt auß Natur/ der Menſch auß Genaden. Und diſes Bernardus. Fragſtu wie daß zugehen koͤnne/ weil daß Goͤtt- liche Weſen unmittheilhafftig iſt? So antwort ich dir fuͤrs Erſte mit dem heiligen Bonaven- tura: So du es wiſſen wilt/ ſo frage die Ge- nade/ und nicht die Lehre: Daß Verlangen/ und nicht den Verſtand: daß Seufftzen deß Gebeths/ und nicht daß fleiſſige leſen: Den Braͤutigam/ nicht den Meiſter: GOtt/ nicht Menſchen: Die tunckelheit/ nicht die Klarheit: Nicht daß Liecht/ ſondern daß Fewer welches gantz A 6
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an den Leſer.
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ſelbſt der Heilige Geiſt/ GOtt die Liebe iſt/ weil
durch Jhn/ welcher die Liebe deß Vatters und
deß Sohnes iſt/ und Einheit/ und Anmuͤtig-
keit/ und Gut/ und Kuß/ und umbfaſſung/ und
alles was beyden kan gemein ſein/ in jener hoͤch-
ſten Vereinigung der Warheit/ und Warheit
der Vereinigung/ eben daſſelbe dem Menſchen
auff ſeine Art zu GOtt geſchicht/ was mit der
ſelb ſtaͤndigen Einheit dem Sohne zum Vat-
ter/ oder dem Vatter zum Sohne/ wann in
der umbfahung und Kuß deß Vatters und deß
Sohns ſich etlicher maſſen mitten inne befindet
daß ſeelige Gewiſſen; da auff eine unauß-
ſprechliche und Ungedaͤnckliche weiſe der GOt-
tes Menſch verdienet zu werden/ nicht GOtt;
ſondern doch was GOtt iſt auß Natur/ der
Menſch auß Genaden. Und diſes Bernardus.
Fragſtu wie daß zugehen koͤnne/ weil daß Goͤtt-
liche Weſen unmittheilhafftig iſt? So antwort
ich dir fuͤrs Erſte mit dem heiligen Bonaven-
tura: So du es wiſſen wilt/ ſo frage die Ge-
nade/ und nicht die Lehre: Daß Verlangen/
und nicht den Verſtand: daß Seufftzen deß
Gebeths/ und nicht daß fleiſſige leſen: Den
Braͤutigam/ nicht den Meiſter: GOtt/ nicht
Menſchen: Die tunckelheit/ nicht die Klarheit:
Nicht daß Liecht/ ſondern daß Fewer welches
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