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Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.

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Erjnnerungs Vorred
gantz und gar anflammet/ und in GOtt mit
brennenden Begierden führet/ welches Fewr
GOtt selber ist.

Fürs ander/ daß das Göttliche Wesen zwar
unmittheilhafftig sey/ solcher gestalt/ daß es sich
mit einem Dinge vermengen solte/ und eine Na-
tur oder Wesen mit jhm werden: Daß es aber
auff gewisse Weise wegen der so nahen und jn-
niglichen Vereinigung/ mit welcher es sich in
die Heylige Seelen ergiest/ gleichwol mit
theilhafftig könne genennet werden: Massen auch
Petrus sagt/ daß wir theilhafftig werde der gött
lichen Natur: und Johannes/ daß wir Gottes
Kinder seynd/ weil wir auß GOtt gebohren
seynd. Nun können ja die jenige nicht Gottes-
Kinder/ und theilhafftige der Göttlichen Na-
tur genennet werden (spricht Thomas a Jesu
l. 4. d. orat, divin. c.
4.) wann dieselbige nicht
in Uns/ sondern weit von Uns abgesondert ist.
Denn so wenig ein Mensch kan weise seyn ohne
Weißheit (wie Thauler. in der vierdten Ser-
mon
im H. Christage redet) so wenig kan einer
auch ein Kind Gottes seyn ohne die Göttliche
Kindtschafft/ daß ist/ er habe dann daß war-
hafftige Wesen deß Sohnes GOtts selber. De-
rohalben soltu Gottes Sohn oder Tochter seyn/
so mustu auch eben daß Wesen haben/ welches
der Sohn GOttes hat/ sonsten kanstu GOttes
Sohn nicht seyn. Aber solche grosse Herrlich-

keit

Erjnnerungs Vorred
gantz und gar anflammet/ und in GOtt mit
brennenden Begierden fuͤhret/ welches Fewr
GOtt ſelber iſt.

Fuͤrs ander/ daß das Goͤttliche Weſen zwar
unmittheilhafftig ſey/ ſolcher geſtalt/ daß es ſich
mit einem Dinge vermengen ſolte/ und eine Na-
tur oder Weſen mit jhm werden: Daß es aber
auff gewiſſe Weiſe wegen der ſo nahen und jn-
niglichen Vereinigung/ mit welcher es ſich in
die Heylige Seelen ergieſt/ gleichwol mit
theilhafftig koͤñe genennet werden: Maſſen auch
Petrus ſagt/ daß wir theilhafftig werde der goͤtt
lichen Natur: und Johannes/ daß wir Gottes
Kinder ſeynd/ weil wir auß GOtt gebohren
ſeynd. Nun koͤnnen ja die jenige nicht Gottes-
Kinder/ und theilhafftige der Goͤttlichen Na-
tur genennet werden (ſpricht Thomas à Jesu
l. 4. d. orat, divin. c.
4.) wann dieſelbige nicht
in Uns/ ſondern weit von Uns abgeſondert iſt.
Denn ſo wenig ein Menſch kan weiſe ſeyn ohne
Weißheit (wie Thauler. in der vierdten Ser-
mon
im H. Chriſtage redet) ſo wenig kan einer
auch ein Kind Gottes ſeyn ohne die Goͤttliche
Kindtſchafft/ daß iſt/ er habe dann daß war-
hafftige Weſen deß Sohnes GOtts ſelber. De-
rohalben ſoltu Gottes Sohn oder Tochter ſeyn/
ſo muſtu auch eben daß Weſen haben/ welches
der Sohn GOttes hat/ ſonſten kanſtu GOttes
Sohn nicht ſeyn. Aber ſolche groſſe Herꝛlich-

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[10/0016] Erjnnerungs Vorred gantz und gar anflammet/ und in GOtt mit brennenden Begierden fuͤhret/ welches Fewr GOtt ſelber iſt. Fuͤrs ander/ daß das Goͤttliche Weſen zwar unmittheilhafftig ſey/ ſolcher geſtalt/ daß es ſich mit einem Dinge vermengen ſolte/ und eine Na- tur oder Weſen mit jhm werden: Daß es aber auff gewiſſe Weiſe wegen der ſo nahen und jn- niglichen Vereinigung/ mit welcher es ſich in die Heylige Seelen ergieſt/ gleichwol mit theilhafftig koͤñe genennet werden: Maſſen auch Petrus ſagt/ daß wir theilhafftig werde der goͤtt lichen Natur: und Johannes/ daß wir Gottes Kinder ſeynd/ weil wir auß GOtt gebohren ſeynd. Nun koͤnnen ja die jenige nicht Gottes- Kinder/ und theilhafftige der Goͤttlichen Na- tur genennet werden (ſpricht Thomas à Jesu l. 4. d. orat, divin. c. 4.) wann dieſelbige nicht in Uns/ ſondern weit von Uns abgeſondert iſt. Denn ſo wenig ein Menſch kan weiſe ſeyn ohne Weißheit (wie Thauler. in der vierdten Ser- mon im H. Chriſtage redet) ſo wenig kan einer auch ein Kind Gottes ſeyn ohne die Goͤttliche Kindtſchafft/ daß iſt/ er habe dann daß war- hafftige Weſen deß Sohnes GOtts ſelber. De- rohalben ſoltu Gottes Sohn oder Tochter ſeyn/ ſo muſtu auch eben daß Weſen haben/ welches der Sohn GOttes hat/ ſonſten kanſtu GOttes Sohn nicht ſeyn. Aber ſolche groſſe Herꝛlich- keit

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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/16>, abgerufen am 28.04.2024.