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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das erste Capitel.
ckung sich nicht widersetzen/ nicht weniger als alle bewegungen aller creaturen
auch wirckungen Gottes in sich/ und ausser der unordnung/ die von seiten der
creatur/ welche ihre krafft mißbrauchet/ darzu kommet/ nach dem ersten arti-
ckel zu erkennen sind. Also was dem wort Gottes von erleuchtung/ bekehrung/
wiedergebährung/ und andern dergleichen zugeschrieben wird/ sind lauter
wirckungen des Heil. Geistes/ und zwahr vielmehr seine als des worts/ wie
es sonst heisset/ actiones sunt suppositorum. Hingegen ohne den H. Geist
könte das wort nichts thun/ als welches keine person ist.
3. Gleichwie insgemein gesagt wird/ daß es eadem numero actio seye/
GOttes der durch die creatur wircket/ und der creatur selbs/ also mögen wir
wol auch sagen/ in solchem verstand/ daß die wirckung des Heil. Geistes
und des worts eine seye/
indem der mensch erleuchtet wird.
4. Obwol der H. Geist ordentlich sich des worts gebrauchet/ durch das-
selbe zu wircken/ und die menschen zu erleuchten/ so hat er sich gleichwol nicht
also an das wort gebunden/ daß er nicht auch ausser demselbigen wirckete:
Also wircket er den glauben in den kindern/ sonderlich die ohne tauffe sterben/
und also auch das wasserbad im wort nicht erreichen/ ohne das wort oder ei-
niges mittel auff ihm allein bekante art. Er fänget auch wol zuweilen das
werck der bekehrung/ was die erste bereitung des hertzens anlangt/ ohne wort
an/ da er das gewissen entweder durch einige eusserliche veranlassung/ oder
ohne diese durch innerliche desselben rührung/ lässet rege gemacht/ eine be-
gierde nach etwas bessers erwecket/ und mit solcher alsdenn den menschen zu
dem wort gebracht werden: da zwahr die eigentliche erleuchtung und bekeh-
rung durch das wort geschihet: vor demselben sind aber bereits einige wir-
ckungen des H. Geistes ohne das wort geschehen/ so das hertz/ zu der auff-
nahm des worts beqvem gemacht haben.
5. Es dienet nicht zu verkleinerung des göttlichen worts/ noch macht
dasselbe unkräfftig/ wo man sagt/ daß zu der lebendigen erkäntnüß Gottes
aus dem wort auch die wirckung des H. Geistes gehöre. Wie dem saamen
seine lebendige krafft nicht abgesprochen wird/ wo wir sagen/ es werde eine
warme feuchtigkeit darzu erfordert/ daß er in der erden käyme und auff gehe/
ohne die er sonsten seine lebendige krafft nicht hervor lassen könte: oder wel-
ches sich besser schickt (weil jene feuchtigkeit ausser dem saamen ist) wie der spei-
se die krafft zu nehren nicht abgesprochen wird/ wenn man saget/ es werde
der seegen Gottes darzu erfordert/ ohne welchen keiner kan gesättiget werden.
Hag. 1/ 6. wenn nemlich derselbe entzogen wird; oder wie auch dem aug
die seh ende krafft nicht geleuguet wird/ wo man sagt/ die seele müste dadurch
sehen/ da hingegen zuweilen/ wo die seele (zum exempel da einer in tieffen ge-
dancken sitzet) nicht durch das aug sihet/ ob gleich alles im aug ist/ was dar-
ein
Das erſte Capitel.
ckung ſich nicht widerſetzen/ nicht weniger als alle bewegungen aller creatuꝛen
auch wirckungen Gottes in ſich/ und auſſer der unordnung/ die von ſeiten der
creatur/ welche ihre krafft mißbrauchet/ darzu kommet/ nach dem erſten arti-
ckel zu erkennen ſind. Alſo was dem wort Gottes von erleuchtung/ bekehrung/
wiedergebaͤhrung/ und andern dergleichen zugeſchrieben wird/ ſind lauter
wirckungen des Heil. Geiſtes/ und zwahr vielmehr ſeine als des worts/ wie
es ſonſt heiſſet/ actiones ſunt ſuppoſitorum. Hingegen ohne den H. Geiſt
koͤnte das wort nichts thun/ als welches keine perſon iſt.
3. Gleichwie insgemein geſagt wird/ daß es eadem numero actio ſeye/
GOttes der durch die creatur wircket/ und der creatur ſelbs/ alſo moͤgen wir
wol auch ſagen/ in ſolchem verſtand/ daß die wirckung des Heil. Geiſtes
und des worts eine ſeye/
indem der menſch erleuchtet wird.
4. Obwol der H. Geiſt ordentlich ſich des worts gebrauchet/ durch daſ-
ſelbe zu wircken/ und die menſchen zu erleuchten/ ſo hat er ſich gleichwol nicht
alſo an das wort gebunden/ daß er nicht auch auſſer demſelbigen wirckete:
Alſo wircket er den glauben in den kindern/ ſonderlich die ohne tauffe ſterben/
und alſo auch das waſſerbad im wort nicht erreichen/ ohne das wort oder ei-
niges mittel auff ihm allein bekante art. Er faͤnget auch wol zuweilen das
werck der bekehrung/ was die erſte bereitung des hertzens anlangt/ ohne wort
an/ da er das gewiſſen entweder durch einige euſſerliche veranlaſſung/ oder
ohne dieſe durch innerliche deſſelben ruͤhrung/ laͤſſet rege gemacht/ eine be-
gierde nach etwas beſſers erwecket/ und mit ſolcher alsdenn den menſchen zu
dem wort gebracht werden: da zwahr die eigentliche erleuchtung und bekeh-
rung durch das wort geſchihet: vor demſelben ſind aber bereits einige wir-
ckungen des H. Geiſtes ohne das wort geſchehen/ ſo das hertz/ zu der auff-
nahm des worts beqvem gemacht haben.
5. Es dienet nicht zu verkleinerung des goͤttlichen worts/ noch macht
daſſelbe unkraͤfftig/ wo man ſagt/ daß zu der lebendigen erkaͤntnuͤß Gottes
aus dem wort auch die wirckung des H. Geiſtes gehoͤre. Wie dem ſaamen
ſeine lebendige krafft nicht abgeſprochen wird/ wo wir ſagen/ es werde eine
warme feuchtigkeit darzu erfordert/ daß er in der erden kaͤyme und auff gehe/
ohne die er ſonſten ſeine lebendige krafft nicht hervor laſſen koͤnte: oder wel-
ches ſich beſſeꝛ ſchickt (weil jene feuchtigkeit auſſer dem ſaamen iſt) wie der ſpei-
ſe die krafft zu nehren nicht abgeſprochen wird/ wenn man ſaget/ es werde
der ſeegen Gottes darzu erfordert/ ohne welchen keiner kan geſaͤttiget weꝛden.
Hag. 1/ 6. wenn nemlich derſelbe entzogen wird; oder wie auch dem aug
die ſeh ende krafft nicht geleuguet wird/ wo man ſagt/ die ſeele muͤſte dadurch
ſehen/ da hingegen zuweilen/ wo die ſeele (zum exempel da einer in tieffen ge-
dancken ſitzet) nicht durch das aug ſihet/ ob gleich alles im aug iſt/ was dar-
ein
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[160/0176] Das erſte Capitel. ckung ſich nicht widerſetzen/ nicht weniger als alle bewegungen aller creatuꝛen auch wirckungen Gottes in ſich/ und auſſer der unordnung/ die von ſeiten der creatur/ welche ihre krafft mißbrauchet/ darzu kommet/ nach dem erſten arti- ckel zu erkennen ſind. Alſo was dem wort Gottes von erleuchtung/ bekehrung/ wiedergebaͤhrung/ und andern dergleichen zugeſchrieben wird/ ſind lauter wirckungen des Heil. Geiſtes/ und zwahr vielmehr ſeine als des worts/ wie es ſonſt heiſſet/ actiones ſunt ſuppoſitorum. Hingegen ohne den H. Geiſt koͤnte das wort nichts thun/ als welches keine perſon iſt. 3. Gleichwie insgemein geſagt wird/ daß es eadem numero actio ſeye/ GOttes der durch die creatur wircket/ und der creatur ſelbs/ alſo moͤgen wir wol auch ſagen/ in ſolchem verſtand/ daß die wirckung des Heil. Geiſtes und des worts eine ſeye/ indem der menſch erleuchtet wird. 4. Obwol der H. Geiſt ordentlich ſich des worts gebrauchet/ durch daſ- ſelbe zu wircken/ und die menſchen zu erleuchten/ ſo hat er ſich gleichwol nicht alſo an das wort gebunden/ daß er nicht auch auſſer demſelbigen wirckete: Alſo wircket er den glauben in den kindern/ ſonderlich die ohne tauffe ſterben/ und alſo auch das waſſerbad im wort nicht erreichen/ ohne das wort oder ei- niges mittel auff ihm allein bekante art. Er faͤnget auch wol zuweilen das werck der bekehrung/ was die erſte bereitung des hertzens anlangt/ ohne wort an/ da er das gewiſſen entweder durch einige euſſerliche veranlaſſung/ oder ohne dieſe durch innerliche deſſelben ruͤhrung/ laͤſſet rege gemacht/ eine be- gierde nach etwas beſſers erwecket/ und mit ſolcher alsdenn den menſchen zu dem wort gebracht werden: da zwahr die eigentliche erleuchtung und bekeh- rung durch das wort geſchihet: vor demſelben ſind aber bereits einige wir- ckungen des H. Geiſtes ohne das wort geſchehen/ ſo das hertz/ zu der auff- nahm des worts beqvem gemacht haben. 5. Es dienet nicht zu verkleinerung des goͤttlichen worts/ noch macht daſſelbe unkraͤfftig/ wo man ſagt/ daß zu der lebendigen erkaͤntnuͤß Gottes aus dem wort auch die wirckung des H. Geiſtes gehoͤre. Wie dem ſaamen ſeine lebendige krafft nicht abgeſprochen wird/ wo wir ſagen/ es werde eine warme feuchtigkeit darzu erfordert/ daß er in der erden kaͤyme und auff gehe/ ohne die er ſonſten ſeine lebendige krafft nicht hervor laſſen koͤnte: oder wel- ches ſich beſſeꝛ ſchickt (weil jene feuchtigkeit auſſer dem ſaamen iſt) wie der ſpei- ſe die krafft zu nehren nicht abgeſprochen wird/ wenn man ſaget/ es werde der ſeegen Gottes darzu erfordert/ ohne welchen keiner kan geſaͤttiget weꝛden. Hag. 1/ 6. wenn nemlich derſelbe entzogen wird; oder wie auch dem aug die ſeh ende krafft nicht geleuguet wird/ wo man ſagt/ die ſeele muͤſte dadurch ſehen/ da hingegen zuweilen/ wo die ſeele (zum exempel da einer in tieffen ge- dancken ſitzet) nicht durch das aug ſihet/ ob gleich alles im aug iſt/ was dar- ein

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/176>, abgerufen am 24.11.2024.