Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das erste Capitel. mation gelebt/ nicht wohl in etwas eusserliches zu setzen/ sondern in ihren her-tzen zu suchen/ in dem diese alles in einer lautern einfalt und unwissenheit ge- than/ mit welcher GOTT so viel mehr gedult träget/ und ihnen also vor GOtt das redliche hertz zu statten kommen kan/ bey welchen wir nicht wollen zweiffeln/ daß die himmlische güte das wenige füncklein des rechten glaubens noch erhalten habe/ daß es von dem anklebenden aberglauben und irrthum nicht müssen ausgelöschet werden: jene aber thun alles wider ihr gewissen/ in welchem stande die greuel/ so sie begehen/ wahrhafftig vor GOTT so angese- hen werden/ wie sie sind. Woraus das obgedachte klahr wird/ daß wir den zustand derer in dem Pabstthum bloß dahin und des Heidenthums durch aus nicht miteinander gleich zu halten haben. Daher auch noch heute zu ta- ge GOTT einige in dem Pabstthum/ wie oben zu gegeben/ erhält auff eine gleiche art/ wie vor der zeit der Reformation geschehen/ so wir aber nicht auff gleiche masse von dem Heidenthum zu sagen vermögen. 3. Jndessen wie gern ich wolte auff das gelindeste von solchen betrang- mal
Das erſte Capitel. mation gelebt/ nicht wohl in etwas euſſerliches zu ſetzen/ ſondern in ihren her-tzen zu ſuchen/ in dem dieſe alles in einer lautern einfalt und unwiſſenheit ge- than/ mit welcher GOTT ſo viel mehr gedult traͤget/ und ihnen alſo vor GOtt das redliche hertz zu ſtatten kommen kan/ bey welchen wir nicht wollen zweiffeln/ daß die himmliſche guͤte das wenige fuͤncklein des rechten glaubens noch erhalten habe/ daß es von dem anklebenden aberglauben und irrthum nicht muͤſſen ausgeloͤſchet werden: jene aber thun alles wider ihr gewiſſen/ in welchem ſtande die greuel/ ſo ſie begehen/ wahrhafftig vor GOTT ſo angeſe- hen werden/ wie ſie ſind. Woraus das obgedachte klahr wird/ daß wir den zuſtand derer in dem Pabſtthum bloß dahin und des Heidenthums durch aus nicht miteinander gleich zu halten haben. Daher auch noch heute zu ta- ge GOTT einige in dem Pabſtthum/ wie oben zu gegeben/ erhaͤlt auff eine gleiche art/ wie vor der zeit der Reformation geſchehen/ ſo wir aber nicht auff gleiche maſſe von dem Heidenthum zu ſagen vermoͤgen. 3. Jndeſſen wie gern ich wolte auff das gelindeſte von ſolchen betrang- mal
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Das erſte Capitel.
mation gelebt/ nicht wohl in etwas euſſerliches zu ſetzen/ ſondern in ihren her-
tzen zu ſuchen/ in dem dieſe alles in einer lautern einfalt und unwiſſenheit ge-
than/ mit welcher GOTT ſo viel mehr gedult traͤget/ und ihnen alſo vor
GOtt das redliche hertz zu ſtatten kommen kan/ bey welchen wir nicht wollen
zweiffeln/ daß die himmliſche guͤte das wenige fuͤncklein des rechten glaubens
noch erhalten habe/ daß es von dem anklebenden aberglauben und irrthum
nicht muͤſſen ausgeloͤſchet werden: jene aber thun alles wider ihr gewiſſen/ in
welchem ſtande die greuel/ ſo ſie begehen/ wahrhafftig vor GOTT ſo angeſe-
hen werden/ wie ſie ſind. Woraus das obgedachte klahr wird/ daß wir den
zuſtand derer in dem Pabſtthum bloß dahin und des Heidenthums durch
aus nicht miteinander gleich zu halten haben. Daher auch noch heute zu ta-
ge GOTT einige in dem Pabſtthum/ wie oben zu gegeben/ erhaͤlt auff eine
gleiche art/ wie vor der zeit der Reformation geſchehen/ ſo wir aber nicht auff
gleiche maſſe von dem Heidenthum zu ſagen vermoͤgen.
3. Jndeſſen wie gern ich wolte auff das gelindeſte von ſolchen betrang-
ten perſonen urtheilen/ kan ich doch nach der offenbahrung goͤttlichen worts
nicht anders ſagen/ als daß einmal ſothane verleugnung veꝛdammlichſeye/ wo
GOtt nach ſeiner gerechtigkeit verfahren will. Wir haben 1. den ausdruͤck-
lichen ausſpruch unſers Heilandes/ daß er ſolche/ die ihn mit dem munde
verleugnen/ ob wol das hertz nicht dabey/ wieder verleugnen wolle. 2. Ob
wol ſolche verleugnung aus forcht geſchihet/ iſt die ſache noch nicht voͤllig da-
mit entſchuldiget. Denn der HErr trohet abermahl/ daß GOtt die ſeele
und leib der jenigen in die hoͤlle verderben wolle/ welche aus forcht
der menſchen/ die nur den leib toͤdten koͤnnen/ dergleichen dinge thun/ welche
ſeiner forcht entgegen ſind. Matth. 10/28. u. f. 3. Jſt ſolche verleugnung
eine offenbahre hindanſetzung GOttes in vergleichung gegen ſein leben/ oder
was man damit zu retten ſuchet/ da heiſſet es dann/ wer anders mehr
liebet/ als Chriſtum/ und alſo auch als ſeine wahrheit/ der iſt ſein
nicht werth Matth. 10/17. und kan nicht ſein Juͤnger/ alſo auch nicht
ſein erbe ſeyn. 4. Lebet ein ſolcher menſch in ſtaͤtem widerſpruch ſeines
gewiſſens/ verletzet daſſelbe immerfort (dabey alſo auch kein wahres
vertrauen auff GOTT platz haben kan.) und was er thut/ gehet
daher nicht aus glauben/ ſondern iſt ſuͤnde und verdammlich. Rom.
14/23. 5. Waͤhret auch einer ſolchen perſon aͤrgernuͤß fort und fort
welches er gibet/ und damit ſeine ſuͤnde ſtets vermehret. 4. Wo ſolche perſo-
nen ſich in der meß einfinden/ iſt daſſelbe beywohnen bey derſelben nicht nur
anzuſehen/ wie eine andere gegenwart bey einem abgoͤttiſchen dienſt/ damit
man ſich doch auch verſuͤndigen kan/ ſondern es iſt gar ſo viel als eine jedes-
mal
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