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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Des 1. Capitels.
stische ist/ daß alsdenn deswegen mit nein zu antworten seye/ weil nothwendig
ein solcher des Antichrists mitwürcker in seinen eigenschafften/ in fortpflan-
tzung falscher lehr und zwahr austrücklich mit gründung auf die angemaste
Antichristische gewalt des Papstes und seiner kirche/ in haltung der meß/ in
administrirung der Sacramenten ausser und gegen die verordnung Christi/
in offentlicher anruffung und verehrung der heiligen u. s. f. werden muß: wel-
ches alles an sich selbs sündlich und im gewissen nicht verantwortlich ist.

§. LXVII. Wo aber der verfasser die frage in seinem verstand nimmet/
da auch zum exempel in unserer kirche einige des so genannten geistlichen stan-
des sich wolten einer herrschafft über die gewissen annehmen (da aber gezeiget
worden/ daß solches die kirche noch nicht zum Antichristischen reich mache)
und also fragt/ ob in solchem fall einer noch mit gutem gewissen bey seinem
dienst bleiben könne/ antwortet er nicht unrecht mit ja/ in dem ihm anderer
mißbrauch ihres gewalts/ so lang er nichts mit dazu thut/ so wenig als übri-
ge ihre sünden/ von denen er sonsten rein ist/ schaden kan. Vornemlich aber
mögen die n. 85. zu solcher beantwortnng geführte momenta die jenige auch
in ihrem gewissen versichern/ welche sich scrupel machen/ wegen dessen/ daß
es bey unsern gemeinden und kirchenverfassungen der massen bewandt/ daß
man wegen vieler hindernüssen/ so gar nicht alles das jenige thun und aus-
richten kan/ was sie verlangten/ daß sie daraus überzeuget werden/ nicht nur
allein mit ihrem verbleiben in dem dienst nicht zu sündigen/ sondern daß sie
eher mit dessen verlassung sündigen würden.

§. LXVIII. Die dritte frage belangend n. 86. Ob bey solcher der
kirchenbewandnüß einer mit gutem gewissen sein kind zu dem kir-
chendienst geben könne?
ist nicht nöthig/ dieselbe hie auszuführen/ nach
dem der verfasser sie selbs unbeantwortet läßt. Jedoch mit wenigem etwas
zu gedencken: achte ich/ daß freylich jetzo ob schon alle stände gefährlich/ dan-
noch der geistliche der allergefährlichste seye/ daß daher eltern ihre kinder we-
der dazu zu nöthigen/ noch wo nicht eine sonderliche hertzliche begierde dazu
in ihnen von GOtt erwecket ist/ und sie so gaben als auch ein zur treue geneig-
tes gemüth an ihnen warnehmen/ mit mehrern anligen zu treiben haben/ da-
mit sie nicht dermaleins deroselben seufftzen auf sich laden/ welche aber dazu
ein verlangen tragen/ und hoffnung von sich zeigen/ daß sie treue diener ein-
mahl abgeben werden/ solche hat man auch von solchem studio Theologico
und nachmahls folgendem dienst nicht abzuhalten. Es muß einmal die kir-
che diener haben/ und bedarff GOTT in derselben solche leute/ welche treu
sind/ daher wir deroselben erzeugung und anschaffung nicht selbs zu hindern
haben.

§. LXIX.
C c c 3

Des 1. Capitels.
ſtiſche iſt/ daß alsdenn deswegen mit nein zu antworten ſeye/ weil nothwendig
ein ſolcher des Antichriſts mitwuͤrcker in ſeinen eigenſchafften/ in fortpflan-
tzung falſcher lehr und zwahr austruͤcklich mit gruͤndung auf die angemaſte
Antichriſtiſche gewalt des Papſtes und ſeiner kirche/ in haltung der meß/ in
adminiſtrirung der Sacramenten auſſer und gegen die verordnung Chriſti/
in offentlicher anruffung und verehrung der heiligen u. ſ. f. werden muß: wel-
ches alles an ſich ſelbs ſuͤndlich und im gewiſſen nicht verantwortlich iſt.

§. LXVII. Wo aber der verfaſſer die frage in ſeinem verſtand nimmet/
da auch zum exempel in unſerer kirche einige des ſo genannten geiſtlichen ſtan-
des ſich wolten einer herrſchafft uͤber die gewiſſen annehmen (da aber gezeiget
worden/ daß ſolches die kirche noch nicht zum Antichriſtiſchen reich mache)
und alſo fragt/ ob in ſolchem fall einer noch mit gutem gewiſſen bey ſeinem
dienſt bleiben koͤnne/ antwortet er nicht unrecht mit ja/ in dem ihm anderer
mißbrauch ihres gewalts/ ſo lang er nichts mit dazu thut/ ſo wenig als uͤbri-
ge ihre ſuͤnden/ von denen er ſonſten rein iſt/ ſchaden kan. Vornemlich aber
moͤgen die n. 85. zu ſolcher beantwortnng gefuͤhrte momenta die jenige auch
in ihrem gewiſſen verſichern/ welche ſich ſcrupel machen/ wegen deſſen/ daß
es bey unſern gemeinden und kirchenverfaſſungen der maſſen bewandt/ daß
man wegen vieler hindernuͤſſen/ ſo gar nicht alles das jenige thun und aus-
richten kan/ was ſie verlangten/ daß ſie daraus uͤberzeuget werden/ nicht nur
allein mit ihrem verbleiben in dem dienſt nicht zu ſuͤndigen/ ſondern daß ſie
eher mit deſſen verlaſſung ſuͤndigen wuͤrden.

§. LXVIII. Die dritte frage belangend n. 86. Ob bey ſolcher der
kirchenbewandnuͤß einer mit gutem gewiſſen ſein kind zu dem kir-
chendienſt geben koͤnne?
iſt nicht noͤthig/ dieſelbe hie auszufuͤhren/ nach
dem der verfaſſer ſie ſelbs unbeantwortet laͤßt. Jedoch mit wenigem etwas
zu gedencken: achte ich/ daß freylich jetzo ob ſchon alle ſtaͤnde gefaͤhrlich/ dan-
noch der geiſtliche der allergefaͤhrlichſte ſeye/ daß daher eltern ihre kinder we-
der dazu zu noͤthigen/ noch wo nicht eine ſonderliche hertzliche begierde dazu
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tes gemuͤth an ihnen warnehmen/ mit mehrern anligen zu treiben haben/ da-
mit ſie nicht dermaleins deroſelben ſeufftzen auf ſich laden/ welche aber dazu
ein verlangen tragen/ und hoffnung von ſich zeigen/ daß ſie treue diener ein-
mahl abgeben werden/ ſolche hat man auch von ſolchem ſtudio Theologico
und nachmahls folgendem dienſt nicht abzuhalten. Es muß einmal die kir-
che diener haben/ und bedarff GOTT in derſelben ſolche leute/ welche treu
ſind/ daher wir deroſelben erzeugung und anſchaffung nicht ſelbs zu hindern
haben.

§. LXIX.
C c c 3
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[389/0405] Des 1. Capitels. ſtiſche iſt/ daß alsdenn deswegen mit nein zu antworten ſeye/ weil nothwendig ein ſolcher des Antichriſts mitwuͤrcker in ſeinen eigenſchafften/ in fortpflan- tzung falſcher lehr und zwahr austruͤcklich mit gruͤndung auf die angemaſte Antichriſtiſche gewalt des Papſtes und ſeiner kirche/ in haltung der meß/ in adminiſtrirung der Sacramenten auſſer und gegen die verordnung Chriſti/ in offentlicher anruffung und verehrung der heiligen u. ſ. f. werden muß: wel- ches alles an ſich ſelbs ſuͤndlich und im gewiſſen nicht verantwortlich iſt. §. LXVII. Wo aber der verfaſſer die frage in ſeinem verſtand nimmet/ da auch zum exempel in unſerer kirche einige des ſo genannten geiſtlichen ſtan- des ſich wolten einer herrſchafft uͤber die gewiſſen annehmen (da aber gezeiget worden/ daß ſolches die kirche noch nicht zum Antichriſtiſchen reich mache) und alſo fragt/ ob in ſolchem fall einer noch mit gutem gewiſſen bey ſeinem dienſt bleiben koͤnne/ antwortet er nicht unrecht mit ja/ in dem ihm anderer mißbrauch ihres gewalts/ ſo lang er nichts mit dazu thut/ ſo wenig als uͤbri- ge ihre ſuͤnden/ von denen er ſonſten rein iſt/ ſchaden kan. Vornemlich aber moͤgen die n. 85. zu ſolcher beantwortnng gefuͤhrte momenta die jenige auch in ihrem gewiſſen verſichern/ welche ſich ſcrupel machen/ wegen deſſen/ daß es bey unſern gemeinden und kirchenverfaſſungen der maſſen bewandt/ daß man wegen vieler hindernuͤſſen/ ſo gar nicht alles das jenige thun und aus- richten kan/ was ſie verlangten/ daß ſie daraus uͤberzeuget werden/ nicht nur allein mit ihrem verbleiben in dem dienſt nicht zu ſuͤndigen/ ſondern daß ſie eher mit deſſen verlaſſung ſuͤndigen wuͤrden. §. LXVIII. Die dritte frage belangend n. 86. Ob bey ſolcher der kirchenbewandnuͤß einer mit gutem gewiſſen ſein kind zu dem kir- chendienſt geben koͤnne? iſt nicht noͤthig/ dieſelbe hie auszufuͤhren/ nach dem der verfaſſer ſie ſelbs unbeantwortet laͤßt. Jedoch mit wenigem etwas zu gedencken: achte ich/ daß freylich jetzo ob ſchon alle ſtaͤnde gefaͤhrlich/ dan- noch der geiſtliche der allergefaͤhrlichſte ſeye/ daß daher eltern ihre kinder we- der dazu zu noͤthigen/ noch wo nicht eine ſonderliche hertzliche begierde dazu in ihnen von GOtt erwecket iſt/ und ſie ſo gaben als auch ein zur treue geneig- tes gemuͤth an ihnen warnehmen/ mit mehrern anligen zu treiben haben/ da- mit ſie nicht dermaleins deroſelben ſeufftzen auf ſich laden/ welche aber dazu ein verlangen tragen/ und hoffnung von ſich zeigen/ daß ſie treue diener ein- mahl abgeben werden/ ſolche hat man auch von ſolchem ſtudio Theologico und nachmahls folgendem dienſt nicht abzuhalten. Es muß einmal die kir- che diener haben/ und bedarff GOTT in derſelben ſolche leute/ welche treu ſind/ daher wir deroſelben erzeugung und anſchaffung nicht ſelbs zu hindern haben. §. LXIX. C c c 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/405>, abgerufen am 23.11.2024.