Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.ARTIC. III. SECTIO VII. ihrer schuldigkeit bequemen/ abgehalten werden. Betreffend aber dieder zauberey wegen verdächtige/ halte mehr vorsichtigkeit in solcher sache als wegen einiges andern lasters nöthig zu seyn: nachdem ich allerdings glaube/ daß der zauberer vielweniger seyn/ als man insgemein davor hält/ auch wohl vielleicht manche unter solchem nahmen hingerichtet werden/ die unschuldig sind: daher auch wo ich ein Jurist wäre/ in einer so duncklen und deßwegen meistens zweiffelhafftigen sache/ mich bey einem solchen proceß schwehrlich würde haben gebrauchen lassen: so vielmehr hat ein prediger sehr bedachtsam darinn zuverfahren/ nicht etwa unschuldige personen mit verdacht zubeschwehren/ oder unzeitig zu betrüben. Wäre es aber sache/ daß eine person aus scheinbahren ursachen verdächtig gehalten würde/ so käme dem prediger nicht wei- ter zu/ als dieselbe gantz ins geheim/ und daß es ihr bey niemand vor- wurff geben könte/ beweglich ihres gewissens zuerinnern/ und sonderlich/ weil der teuffel die ihm wahrhafftig ergebene gemeiniglich dahin bethö- ret/ daß sie meinen/ sie könten nicht mehr zurück kehren/ sie zuver- sichern/ daß bey GOTT der/ wo es geschehen wäre/ von ihrer seite verläugnete tauffbund/ noch in seiner krafft stehe/ und wo sie sich wahr- hafftig bekehren wolten/ man ihr in GOttes nahmen die vergebung versicherte/ auch was sie bekennete/ in geheim behalten/ hingegen mit aller geistlichen hülffe kräfftig beystehen wolte. Dergleichen müßte al- les in grössester stille/ und ohne daß jemand anders davon zu wissen be- käme/ gehandelt werden: auch daß man die person nicht eigentlich be- schuldige/ sondern allein wegen eingenommenen gerichts seine sorgfalt vor ihre seele beweglich bezeugte: welches sie denn gleicher massen auch ge- heim zuhalten und niemand darvon zusagen hat. 1696. SECTIO VIII. Daß von meinen widrigen mir nicht geschadet wer- den könne. Etliche allgemeine regeln zu der führung des predig- amts. Auff
ARTIC. III. SECTIO VII. ihrer ſchuldigkeit bequemen/ abgehalten werden. Betreffend aber dieder zauberey wegen verdaͤchtige/ halte mehr vorſichtigkeit in ſolcher ſache als wegen einiges andern laſters noͤthig zu ſeyn: nachdem ich allerdings glaube/ daß der zauberer vielweniger ſeyn/ als man insgemein davor haͤlt/ auch wohl vielleicht manche unter ſolchem nahmen hingerichtet werden/ die unſchuldig ſind: daher auch wo ich ein Juriſt waͤre/ in einer ſo duncklen und deßwegen meiſtens zweiffelhafftigen ſache/ mich bey einem ſolchen proceß ſchwehrlich wuͤrde haben gebrauchen laſſen: ſo vielmehr hat ein prediger ſehr bedachtſam darinn zuverfahren/ nicht etwa unſchuldige perſonen mit verdacht zubeſchwehren/ oder unzeitig zu betruͤben. Waͤre es aber ſache/ daß eine perſon aus ſcheinbahren urſachen verdaͤchtig gehalten wuͤrde/ ſo kaͤme dem prediger nicht wei- ter zu/ als dieſelbe gantz ins geheim/ und daß es ihr bey niemand vor- wurff geben koͤnte/ beweglich ihres gewiſſens zuerinnern/ und ſonderlich/ weil der teuffel die ihm wahrhafftig ergebene gemeiniglich dahin bethoͤ- ret/ daß ſie meinen/ ſie koͤnten nicht mehr zuruͤck kehren/ ſie zuver- ſichern/ daß bey GOTT der/ wo es geſchehen waͤre/ von ihrer ſeite verlaͤugnete tauffbund/ noch in ſeiner krafft ſtehe/ und wo ſie ſich wahr- hafftig bekehren wolten/ man ihr in GOttes nahmen die vergebung verſicherte/ auch was ſie bekennete/ in geheim behalten/ hingegen mit aller geiſtlichen huͤlffe kraͤfftig beyſtehen wolte. Dergleichen muͤßte al- les in groͤſſeſter ſtille/ und ohne daß jemand anders davon zu wiſſen be- kaͤme/ gehandelt werden: auch daß man die perſon nicht eigentlich be- ſchuldige/ ſondern allein wegen eingenommenen gerichts ſeine ſorgfalt vor ihre ſeele beweglich bezeugte: welches ſie denn gleicher maſſen auch ge- heim zuhalten und niemand darvon zuſagen hat. 1696. SECTIO VIII. Daß von meinen widrigen mir nicht geſchadet wer- den koͤnne. Etliche allgemeine regeln zu der fuͤhrung des predig- amts. Auff
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ARTIC. III. SECTIO VII.
ihrer ſchuldigkeit bequemen/ abgehalten werden. Betreffend aber die
der zauberey wegen verdaͤchtige/ halte mehr vorſichtigkeit in ſolcher ſache
als wegen einiges andern laſters noͤthig zu ſeyn: nachdem ich allerdings
glaube/ daß der zauberer vielweniger ſeyn/ als man insgemein davor
haͤlt/ auch wohl vielleicht manche unter ſolchem nahmen hingerichtet
werden/ die unſchuldig ſind: daher auch wo ich ein Juriſt waͤre/ in
einer ſo duncklen und deßwegen meiſtens zweiffelhafftigen ſache/ mich bey
einem ſolchen proceß ſchwehrlich wuͤrde haben gebrauchen laſſen: ſo
vielmehr hat ein prediger ſehr bedachtſam darinn zuverfahren/ nicht
etwa unſchuldige perſonen mit verdacht zubeſchwehren/ oder unzeitig
zu betruͤben. Waͤre es aber ſache/ daß eine perſon aus ſcheinbahren
urſachen verdaͤchtig gehalten wuͤrde/ ſo kaͤme dem prediger nicht wei-
ter zu/ als dieſelbe gantz ins geheim/ und daß es ihr bey niemand vor-
wurff geben koͤnte/ beweglich ihres gewiſſens zuerinnern/ und ſonderlich/
weil der teuffel die ihm wahrhafftig ergebene gemeiniglich dahin bethoͤ-
ret/ daß ſie meinen/ ſie koͤnten nicht mehr zuruͤck kehren/ ſie zuver-
ſichern/ daß bey GOTT der/ wo es geſchehen waͤre/ von ihrer ſeite
verlaͤugnete tauffbund/ noch in ſeiner krafft ſtehe/ und wo ſie ſich wahr-
hafftig bekehren wolten/ man ihr in GOttes nahmen die vergebung
verſicherte/ auch was ſie bekennete/ in geheim behalten/ hingegen mit
aller geiſtlichen huͤlffe kraͤfftig beyſtehen wolte. Dergleichen muͤßte al-
les in groͤſſeſter ſtille/ und ohne daß jemand anders davon zu wiſſen be-
kaͤme/ gehandelt werden: auch daß man die perſon nicht eigentlich be-
ſchuldige/ ſondern allein wegen eingenommenen gerichts ſeine ſorgfalt
vor ihre ſeele beweglich bezeugte: welches ſie denn gleicher maſſen auch ge-
heim zuhalten und niemand darvon zuſagen hat. 1696.
SECTIO VIII.
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den koͤnne. Etliche allgemeine regeln zu der fuͤhrung des predig-
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