Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.ARTIC. IV. SECT. XXXI. selben mit ihrem ungemach/ aber um des nechsten bestens willen. Daher in sol-cher ordnung daß gewissen nicht verletzet wird. Was aber das andre anlangt/ könte ein solcher der den scrupel hat oder ihn sorget/ seinem gewissen also rathen/ daß er verspräche den autorem nicht zu lesen/ es wäre denn sache/ daß ihn eine son- derbahre noth anstiesse/ die er jetzo nicht vor sich sehen könte/ alsdenn er an sol- chen verspruch nicht weiter gehalten seyn/ aber auch dem Prediger solches samt der ursach anzeigen wolte: welche billige clausul ihme nicht versaget werden darff. Der HErr gebe uns allen seinen willen zuerkennen/ richte alles dahin/ daß ie län- ger ie gewisser an den tag komme/ was in Jacob Böhmen gutes oder böses seye/ um weder auff eine noch andere art sich an ihm zuversündigen/ steure allen irrthu- men/ bewahre sein er kirchen diener vor aller herrschafft der gewissen/ reinige and- rer hertzen von allem eigensinn/ und verbinde aller der seinigen sinnen in einigkeit des geistes mit dem band des friedens durch JEsum Christum den König der wahr- heit und des friedens. Amen. 1694. SECTIO XXXI. Von dem lateinischen singen in einer gemeinde/ die der sprache nicht kundig ist. 1. DAs lateinische singen an und vor sich selbs kan nicht verworffen werden bey 2. Die ein führung des lateinischen singens in den gemeinden/ welche eigent- affici- o 3
ARTIC. IV. SECT. XXXI. ſelben mit ihrem ungemach/ aber um des nechſten beſtens willen. Daher in ſol-cher ordnung daß gewiſſen nicht verletzet wird. Was aber das andre anlangt/ koͤnte ein ſolcher der den ſcrupel hat oder ihn ſorget/ ſeinem gewiſſen alſo rathen/ daß er verſpraͤche den autorem nicht zu leſen/ es waͤre denn ſache/ daß ihn eine ſon- derbahre noth anſtieſſe/ die er jetzo nicht vor ſich ſehen koͤnte/ alsdenn er an ſol- chen verſpruch nicht weiter gehalten ſeyn/ aber auch dem Prediger ſolches ſamt der urſach anzeigen wolte: welche billige clauſul ihme nicht verſaget werden darff. Der HErr gebe uns allen ſeinen willen zuerkennen/ richte alles dahin/ daß ie laͤn- ger ie gewiſſer an den tag komme/ was in Jacob Boͤhmen gutes oder boͤſes ſeye/ um weder auff eine noch andere art ſich an ihm zuverſuͤndigen/ ſteure allen irrthu- men/ bewahre ſein er kirchen diener vor aller herrſchafft der gewiſſen/ reinige and- rer hertzen von allem eigenſinn/ und verbinde aller der ſeinigen ſinnen in einigkeit des geiſtes mit dem band des friedens durch JEſum Chriſtum den Koͤnig der wahr- heit und des friedens. Amen. 1694. SECTIO XXXI. Von dem lateiniſchen ſingen in einer gemeinde/ die der ſprache nicht kundig iſt. 1. DAs lateiniſche ſingen an und vor ſich ſelbs kan nicht verworffen werden bey 2. Die ein fuͤhrung des lateiniſchen ſingens in den gemeinden/ welche eigent- affici- o 3
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ARTIC. IV. SECT. XXXI.
ſelben mit ihrem ungemach/ aber um des nechſten beſtens willen. Daher in ſol-
cher ordnung daß gewiſſen nicht verletzet wird. Was aber das andre anlangt/
koͤnte ein ſolcher der den ſcrupel hat oder ihn ſorget/ ſeinem gewiſſen alſo rathen/
daß er verſpraͤche den autorem nicht zu leſen/ es waͤre denn ſache/ daß ihn eine ſon-
derbahre noth anſtieſſe/ die er jetzo nicht vor ſich ſehen koͤnte/ alsdenn er an ſol-
chen verſpruch nicht weiter gehalten ſeyn/ aber auch dem Prediger ſolches ſamt der
urſach anzeigen wolte: welche billige clauſul ihme nicht verſaget werden darff.
Der HErr gebe uns allen ſeinen willen zuerkennen/ richte alles dahin/ daß ie laͤn-
ger ie gewiſſer an den tag komme/ was in Jacob Boͤhmen gutes oder boͤſes ſeye/
um weder auff eine noch andere art ſich an ihm zuverſuͤndigen/ ſteure allen irrthu-
men/ bewahre ſein er kirchen diener vor aller herrſchafft der gewiſſen/ reinige and-
rer hertzen von allem eigenſinn/ und verbinde aller der ſeinigen ſinnen in einigkeit
des geiſtes mit dem band des friedens durch JEſum Chriſtum den Koͤnig der wahr-
heit und des friedens. Amen. 1694.
SECTIO XXXI.
Von dem lateiniſchen ſingen in einer gemeinde/
die der ſprache nicht kundig iſt.
1.
DAs lateiniſche ſingen an und vor ſich ſelbs kan nicht verworffen werden bey
den jenigen/ welche daſſelbe verſtehen/ indem man in allen ſprachen Gott
loben mag. So wolte ich es auch nicht verwerffen/ wo einige lateiniſche
hymni und geſaͤnge in Teutſchen gemeinden zu weilen geſungen werden/ da die
jenige die ſie ſingen/ ſolches verſtehen/ und etwa auch einige verhanden ſind/ de-
nen ſolches auch bekant iſt. Denn nicht eben ſimpliciter nothwendig/ das ge-
rade alle wort/ welche zeit waͤren der verſamlnng geredet oder geſungen werden/
von ſingulis verſtanden werden muͤſten.
2. Die ein fuͤhrung des lateiniſchen ſingens in den gemeinden/ welche eigent-
lich allein Teutſch oder eine andere von der lateiniſchen unterſchiedener ſprach re-
den und verſtehen/ komt her von dem Roͤmiſchen Anti-Chriſt/ und iſt ein ſtuͤck
deſſen Staats-rationen/ dadurch eines theils aller kirchen dependenz von Rom
als der mutter der lateiniſchen ſprach bezeuget werden ſoll/ andern theils das volck
in ſo viel mehrer unwiſſenheit der goͤttl. dinge (die unter den gemeinen volck zu un-
terhalten/ unter die boͤſe Anti-chriſtliche principia des cleri, deſſen autoritaͤt ſo
viel hoͤher geſetzet wird/ gehoͤret) kraͤfftig erhalten wird. Daher die alte obſer-
vation des Jrenæi wegen der zahlen des nahmens λατει῀νος (die 666 ausdruckt/
und alſo die zahl des thiers iſt. Offenb. Joh. 13./ 16.) mich allezeit nicht wenig
affici-
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