Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das andere Capitel. afficiret hat. Wir sehen auch/ daß sie noch immer über dieses in den Papistischen kir-chen steiff halten/ und ja das lateinische nicht zurück gesetzet werden darff/ gleich ob stünde ein grosses stück der Religion in so thaner sprach. Daher auch dieses eine ist unter den gewöhnlichen controversien/ die zwischen uns und ihnen noch schwe- ben; darüber sie auch neben uns von den Reformirten offtmals kräfftig bestritten worden sind. 3. Wo die lateinische gesänge entweder die Teutsche erbauliche psalmen und 4. Wo denn solches geschiehet/ und eine kirche hat ihre völlige freyheit/ daß 5. Wo einer Evangelischen Obrigkeit/ dieser mißstand bey den gottesdienst der
Das andere Capitel. afficiret hat. Wir ſehen auch/ daß ſie noch immer uͤber dieſes in den Papiſtiſchen kir-chen ſteiff halten/ und ja das lateiniſche nicht zuruͤck geſetzet werden darff/ gleich ob ſtuͤnde ein groſſes ſtuͤck der Religion in ſo thaner ſprach. Daher auch dieſes eine iſt unter den gewoͤhnlichen controverſien/ die zwiſchen uns und ihnen noch ſchwe- ben; daruͤber ſie auch neben uns von den Reformirten offtmals kraͤfftig beſtritten worden ſind. 3. Wo die lateiniſche geſaͤnge entweder die Teutſche erbauliche pſalmen und 4. Wo denn ſolches geſchiehet/ und eine kirche hat ihre voͤllige freyheit/ daß 5. Wo einer Evangeliſchen Obrigkeit/ dieſer mißſtand bey den gottesdienſt der
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Das andere Capitel.
afficiret hat. Wir ſehen auch/ daß ſie noch immer uͤber dieſes in den Papiſtiſchen kir-
chen ſteiff halten/ und ja das lateiniſche nicht zuruͤck geſetzet werden darff/ gleich ob
ſtuͤnde ein groſſes ſtuͤck der Religion in ſo thaner ſprach. Daher auch dieſes eine
iſt unter den gewoͤhnlichen controverſien/ die zwiſchen uns und ihnen noch ſchwe-
ben; daruͤber ſie auch neben uns von den Reformirten offtmals kraͤfftig beſtritten
worden ſind.
3. Wo die lateiniſche geſaͤnge entweder die Teutſche erbauliche pſalmen und
lieder gar auſtoſſen/ oder doch viele zeit wegnehmen/ daß der gemeinde andacht
verſtoͤret/ oder ſie zu dem ausbleiben aus der kirchen dadurch veranlaſſet wird/
ſonderlich da auch die jenige/ welche ſolche ſingen/ ohne verſtand ſingen/ da iſt
es ein ſuͤndliches thun/ und ein ſtuͤck des Paͤbſtiſchen ſauerteigs/ davon wir uns
zu reinigen haben: und ſind ſolche Gefaͤnge dem zweck der verſamlung/ und der
regel die Paulus 1. Cor. 14. dazu giebet/ allerdinges ungemaͤß.
4. Wo denn ſolches geſchiehet/ und eine kirche hat ihre voͤllige freyheit/ daß
ſie nicht durch die abſchaffung einer hinderniß der mehrern erbauung ein noch
ſchwerers ungemach/ nehmlich eine verfolgung/ auff ſich zuziehen/ ſorgen muß (in
welchen fall man das jenige toleriren muͤſte/ was eigentlich allein propter impe-
dimentum majoris boni ſuͤnde iſt/ und nur dahin zu trachten haͤtte/ daß die ſo
ſolches verrichten/ daſſelbe verſtehen moͤchten) ſo ſolle ſolcher mißbrauch abge-
ſtellet werden/ daß man entweder das lateiniſche ſingen gantz abſchaffe/ oder doch
(wo andere umſtaͤnde/ ſonderlich die ſorge des aͤrgernißes der ſchwachen/ daſſel-
be nicht wohl zu geben) ſehr moderire/ und hingegen die gemeinde zu dem Teut-
ſchen erbaulichen geſang bringe.
5. Wo einer Evangeliſchen Obrigkeit/ dieſer mißſtand bey den gottesdienſt
und deſſen ſchade von dem Miniſterio nachdruͤcklich remonſtriret wird/ ſonderlich
da auch die gemeinde (in dem auch dieſe in ſolchen dingen/ welche ſie ſamtlich an-
gehen/ nach Gottes ordnung viel zu ſagen hat) dergleichen aͤnderung verlanget/ iſt
ſie gewiſſens halber verbunden/ da ſie nichts erhebliches dagegen einzuwenden
vermag/ ſolchen aͤrgernis abzuhelffen. Denn ſie muͤſſen wiſſen/ daß ſie ihre ge-
walt/ welche ſie in der auffſicht und ſorge vor das geiſtliche haben/ nicht nach ei-
genem willen gebrauchen doͤrffen/ ſondern ſie ſind ſchuldig dazu zugebrauchen/ was
die mehrere erbauung der gemeinde allemahl erfordert/ und darinnen auch auff
die vota und verlangen der andern ſtaͤnde zu reflectiren. Dieſes lieget ihnen in ih-
ren gewiſſen ob/ und da ſie dagegen thun/ ob ſie von menſchen davor nicht zur
rechenſchafft moͤchten gefordert werden/ ſo muͤſſen ſie doch GOtt dieſelbe geben/
und koͤmt alſo auff ihre verantwortung die verſaͤumniß alles guten/ daran ſie mit
ſchuld haben. Sonderlich aber iſt der trotz der jenigen Obrigkeiten ein offenbah-
rer mißbrauch der Goͤttlichen gewalt/ wenn von chriſtlichen Predigern oder auch
der
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