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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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nen/ als lang die zeit der gnaden währet/ der weg offen bleibet/ und daher auch
der bund auff GOttes seiten noch solang fest stehet. Jndessen kan der eltern gott-
losigkeit den kindern an ihrem heil nicht schaden/ noch darff der sohn/ wie GOtt
selbs bezeuget/ Ezech. 18/ 20. die missethat des vaters tragen: ja der vater/ ob er auch
wolte/ kan dem kind/ das ihm von GOtt ob wol durch ihn zugekommenes recht nicht
nehmen: wie auch in der welt/ wo in einem geschlecht ein fidei comiß ist/ der va-
ter sein kind umb sein recht nicht bringen kan. Die ursach ist diese: wer getauffet
wird/ mit dem macht GOtt in der tauff denjenigen gnaden-bund/ daß er sein und
seines nahmens nach ihm GOtt sein wolle: wie es in dem bund der beschneidung
bey Abraham geheissen hat. 1. B. Mos. 17. Hiedurch erlangen alle/ die von
ihm gebohren werden/ bereits in ihrer geburt das recht zu solchem bund/ folglich
auch zu dessen mittel. Ob dann nun der gottlose vater seiner seit die frucht des
bundes verliehret/ ist doch nicht allein derselbe von GOttes seiten noch nicht gantz
auffgehoben/ sondern das recht des kindes kan durch des vaters gottlosigkeit ihm
nicht entrissen werden. Daher währete der bund GOttes bey den Jsraeliten im-
merfort/ und hatten die Juden zu Christi zeiten das recht zu allen göttlichen ver-
heissungen/ die Abraham/ Jsaac und Jacob und in denselben ihren saamen gege-
ben worden/ ob es wol müglich/ daß unter manches vor-eltern 10 und mehr grad
nacheinander gefolget seyn mögen/ daß immer ein gottloser vater einen sohn ge-
zeuget/ und obwol keinem solche gemeinschafft des bundes bey seiner gottlosigkeit
genutzt/ wurde doch stets das recht des bundes durch die geburt fortgepflantzet/ der
bund aber selbs durch die beschneidung mitgetheilet: und welcher endlich dem
bund sich gemäß bezeugte/ dem nutzte der bund auch vor seine person/ betreffende
die gnade selbs/ nicht weniger als ob die voreltern in einer ordnung nacheinander
in dem bund geblieben wären/ obwol in diesem fall daß maaß des seegens reich-
licher hätte seyn mögen. Nicht anders verhält sichs auch in dem N. T. mit dem
gnadenbund bey den Christen/ und kommet von dem vater das recht zu dem bund
auff den sohn/ daher ihm auch auff des vaters/ oder wer es seinetwegen verlangte/
begehren/ daß mittel wircklich darein auffgenommen zuwerden/ nicht versaget
werden kan: vielmehr wo jene es zu suchen säumig wären/ andern zukommen wür-
de/ mit darvor sorge tragen zuhelffen. Dem stehet nicht entgegen/ daß der vater
etwa damal/ als er das kind gezeuget/ seiner seit ausser göttlichen bund gestanden
dann das kind hat das recht nicht vom vater selbs und seinem wohlverhalten (wie
etwa ein kind von frommen eltern zuweilen um derselben willen einen sonderbaren
seegen erlangen mag) sondern von GOtt und dessen mit dem vater und zugleich
seinem saamen gemachten bund: daher ob der vater sich aus dem genuß setzet/
bleibet doch das recht allen denen/ die in seinen lenden/ und noch nicht gezeuget wa-
ren/ (siehe Hebr. 7/ 9. 10.] als GOtt den bund mit ihm gemacht/ und können diese
dasselbe nicht anders als aus eigner schuld verliehren.

Was

Das andere Capitel.
nen/ als lang die zeit der gnaden waͤhret/ der weg offen bleibet/ und daher auch
der bund auff GOttes ſeiten noch ſolang feſt ſtehet. Jndeſſen kan der eltern gott-
loſigkeit den kindern an ihrem heil nicht ſchaden/ noch darff der ſohn/ wie GOtt
ſelbs bezeuget/ Ezech. 18/ 20. die miſſethat des vaters tragen: ja der vater/ ob er auch
wolte/ kan dem kind/ das ihm von GOtt ob wol durch ihn zugekom̃enes recht nicht
nehmen: wie auch in der welt/ wo in einem geſchlecht ein fidei comiß iſt/ der va-
ter ſein kind umb ſein recht nicht bringen kan. Die urſach iſt dieſe: wer getauffet
wird/ mit dem macht GOtt in der tauff denjenigen gnaden-bund/ daß er ſein und
ſeines nahmens nach ihm GOtt ſein wolle: wie es in dem bund der beſchneidung
bey Abraham geheiſſen hat. 1. B. Moſ. 17. Hiedurch erlangen alle/ die von
ihm gebohren werden/ bereits in ihrer geburt das recht zu ſolchem bund/ folglich
auch zu deſſen mittel. Ob dann nun der gottloſe vater ſeiner ſeit die frucht des
bundes verliehret/ iſt doch nicht allein derſelbe von GOttes ſeiten noch nicht gantz
auffgehoben/ ſondern das recht des kindes kan durch des vaters gottloſigkeit ihm
nicht entriſſen werden. Daher waͤhrete der bund GOttes bey den Jſraeliten im-
merfort/ und hatten die Juden zu Chriſti zeiten das recht zu allen goͤttlichen ver-
heiſſungen/ die Abraham/ Jſaac und Jacob und in denſelben ihren ſaamen gege-
ben worden/ ob es wol muͤglich/ daß unter manches vor-eltern 10 und mehr grad
nacheinander gefolget ſeyn moͤgen/ daß immer ein gottloſer vater einen ſohn ge-
zeuget/ und obwol keinem ſolche gemeinſchafft des bundes bey ſeiner gottloſigkeit
genutzt/ wurde doch ſtets das recht des bundes durch die geburt fortgepflantzet/ der
bund aber ſelbs durch die beſchneidung mitgetheilet: und welcher endlich dem
bund ſich gemaͤß bezeugte/ dem nutzte der bund auch vor ſeine perſon/ betreffende
die gnade ſelbs/ nicht weniger als ob die voreltern in einer ordnung nacheinander
in dem bund geblieben waͤren/ obwol in dieſem fall daß maaß des ſeegens reich-
licher haͤtte ſeyn moͤgen. Nicht anders verhaͤlt ſichs auch in dem N. T. mit dem
gnadenbund bey den Chriſten/ und kommet von dem vater das recht zu dem bund
auff den ſohn/ daher ihm auch auff des vaters/ oder wer es ſeinetwegen verlangte/
begehren/ daß mittel wircklich darein auffgenommen zuwerden/ nicht verſaget
werden kan: vielmehr wo jene es zu ſuchen ſaͤumig waͤren/ andern zukommen wuͤr-
de/ mit darvor ſorge tragen zuhelffen. Dem ſtehet nicht entgegen/ daß der vater
etwa damal/ als er das kind gezeuget/ ſeiner ſeit auſſer goͤttlichen bund geſtanden
dann das kind hat das recht nicht vom vater ſelbs und ſeinem wohlverhalten (wie
etwa ein kind von frommen eltern zuweilen um derſelben willen einen ſonderbaren
ſeegen erlangen mag) ſondern von GOtt und deſſen mit dem vater und zugleich
ſeinem ſaamen gemachten bund: daher ob der vater ſich aus dem genuß ſetzet/
bleibet doch das recht allen denen/ die in ſeinen lenden/ und noch nicht gezeuget wa-
ren/ (ſiehe Hebr. 7/ 9. 10.] als GOtt den bund mit ihm gemacht/ und koͤnnen dieſe
daſſelbe nicht anders als aus eigner ſchuld verliehren.

Was
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[132/0932] Das andere Capitel. nen/ als lang die zeit der gnaden waͤhret/ der weg offen bleibet/ und daher auch der bund auff GOttes ſeiten noch ſolang feſt ſtehet. Jndeſſen kan der eltern gott- loſigkeit den kindern an ihrem heil nicht ſchaden/ noch darff der ſohn/ wie GOtt ſelbs bezeuget/ Ezech. 18/ 20. die miſſethat des vaters tragen: ja der vater/ ob er auch wolte/ kan dem kind/ das ihm von GOtt ob wol durch ihn zugekom̃enes recht nicht nehmen: wie auch in der welt/ wo in einem geſchlecht ein fidei comiß iſt/ der va- ter ſein kind umb ſein recht nicht bringen kan. Die urſach iſt dieſe: wer getauffet wird/ mit dem macht GOtt in der tauff denjenigen gnaden-bund/ daß er ſein und ſeines nahmens nach ihm GOtt ſein wolle: wie es in dem bund der beſchneidung bey Abraham geheiſſen hat. 1. B. Moſ. 17. Hiedurch erlangen alle/ die von ihm gebohren werden/ bereits in ihrer geburt das recht zu ſolchem bund/ folglich auch zu deſſen mittel. Ob dann nun der gottloſe vater ſeiner ſeit die frucht des bundes verliehret/ iſt doch nicht allein derſelbe von GOttes ſeiten noch nicht gantz auffgehoben/ ſondern das recht des kindes kan durch des vaters gottloſigkeit ihm nicht entriſſen werden. Daher waͤhrete der bund GOttes bey den Jſraeliten im- merfort/ und hatten die Juden zu Chriſti zeiten das recht zu allen goͤttlichen ver- heiſſungen/ die Abraham/ Jſaac und Jacob und in denſelben ihren ſaamen gege- ben worden/ ob es wol muͤglich/ daß unter manches vor-eltern 10 und mehr grad nacheinander gefolget ſeyn moͤgen/ daß immer ein gottloſer vater einen ſohn ge- zeuget/ und obwol keinem ſolche gemeinſchafft des bundes bey ſeiner gottloſigkeit genutzt/ wurde doch ſtets das recht des bundes durch die geburt fortgepflantzet/ der bund aber ſelbs durch die beſchneidung mitgetheilet: und welcher endlich dem bund ſich gemaͤß bezeugte/ dem nutzte der bund auch vor ſeine perſon/ betreffende die gnade ſelbs/ nicht weniger als ob die voreltern in einer ordnung nacheinander in dem bund geblieben waͤren/ obwol in dieſem fall daß maaß des ſeegens reich- licher haͤtte ſeyn moͤgen. Nicht anders verhaͤlt ſichs auch in dem N. T. mit dem gnadenbund bey den Chriſten/ und kommet von dem vater das recht zu dem bund auff den ſohn/ daher ihm auch auff des vaters/ oder wer es ſeinetwegen verlangte/ begehren/ daß mittel wircklich darein auffgenommen zuwerden/ nicht verſaget werden kan: vielmehr wo jene es zu ſuchen ſaͤumig waͤren/ andern zukommen wuͤr- de/ mit darvor ſorge tragen zuhelffen. Dem ſtehet nicht entgegen/ daß der vater etwa damal/ als er das kind gezeuget/ ſeiner ſeit auſſer goͤttlichen bund geſtanden dann das kind hat das recht nicht vom vater ſelbs und ſeinem wohlverhalten (wie etwa ein kind von frommen eltern zuweilen um derſelben willen einen ſonderbaren ſeegen erlangen mag) ſondern von GOtt und deſſen mit dem vater und zugleich ſeinem ſaamen gemachten bund: daher ob der vater ſich aus dem genuß ſetzet/ bleibet doch das recht allen denen/ die in ſeinen lenden/ und noch nicht gezeuget wa- ren/ (ſiehe Hebr. 7/ 9. 10.] als GOtt den bund mit ihm gemacht/ und koͤnnen dieſe daſſelbe nicht anders als aus eigner ſchuld verliehren. Was

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/932>, abgerufen am 26.11.2024.