Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

auf gut Glück in der Welt herumtreibe.
Aber dann konnte ich wieder nicht begreifen,
daß es ihm fast niemals an Gelde fehle,
mit dem er verschwenderisch und unbeschreib¬
lich großmüthig umging. Fast so oft er mich
verließ, kam er mit einer reichen Börse zu¬
rück. Unsre größte Aufmerksamkeit war auf
die schönen Mädchen aus allen Ständen ge¬
richtet; in kurzer Zeit war unsre Bekannt¬
schaft unter diesen außerordentlich ausgebrei¬
tet, wo wir uns aufhielten, wurden wir von
den Eltern ungern gesehn, nicht selten wur¬
den wir verfolgt, oft entgingen wir nur mit
genauer Noth der Rache der beleidigten
Liebhaber, den Nachstellungen der Mädchen,
wenn wir sie einer neuen Schönheit aufop¬
ferten. Aber diese Gefährlichkeiten waren
eben die Würze unsres Lebens, wir vermie¬
den mit gutem Willen keine.

Die Reiselust ergriff meinen Freund oft

auf gut Glück in der Welt herumtreibe.
Aber dann konnte ich wieder nicht begreifen,
daß es ihm faſt niemals an Gelde fehle,
mit dem er verſchwenderiſch und unbeſchreib¬
lich großmüthig umging. Faſt ſo oft er mich
verließ, kam er mit einer reichen Börſe zu¬
rück. Unſre größte Aufmerkſamkeit war auf
die ſchönen Mädchen aus allen Ständen ge¬
richtet; in kurzer Zeit war unſre Bekannt¬
ſchaft unter dieſen außerordentlich ausgebrei¬
tet, wo wir uns aufhielten, wurden wir von
den Eltern ungern geſehn, nicht ſelten wur¬
den wir verfolgt, oft entgingen wir nur mit
genauer Noth der Rache der beleidigten
Liebhaber, den Nachſtellungen der Mädchen,
wenn wir ſie einer neuen Schönheit aufop¬
ferten. Aber dieſe Gefährlichkeiten waren
eben die Würze unſres Lebens, wir vermie¬
den mit gutem Willen keine.

Die Reiſeluſt ergriff meinen Freund oft

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0204" n="196"/>
auf gut Glück in der Welt herumtreibe.<lb/>
Aber dann konnte ich wieder nicht begreifen,<lb/>
daß es ihm fa&#x017F;t niemals an Gelde fehle,<lb/>
mit dem er ver&#x017F;chwenderi&#x017F;ch und unbe&#x017F;chreib¬<lb/>
lich großmüthig umging. Fa&#x017F;t &#x017F;o oft er mich<lb/>
verließ, kam er mit einer reichen Bör&#x017F;e zu¬<lb/>
rück. Un&#x017F;re größte Aufmerk&#x017F;amkeit war auf<lb/>
die &#x017F;chönen Mädchen aus allen Ständen ge¬<lb/>
richtet; in kurzer Zeit war un&#x017F;re Bekannt¬<lb/>
&#x017F;chaft unter die&#x017F;en außerordentlich ausgebrei¬<lb/>
tet, wo wir uns aufhielten, wurden wir von<lb/>
den Eltern ungern ge&#x017F;ehn, nicht &#x017F;elten wur¬<lb/>
den wir verfolgt, oft entgingen wir nur mit<lb/>
genauer Noth der Rache der beleidigten<lb/>
Liebhaber, den Nach&#x017F;tellungen der Mädchen,<lb/>
wenn wir &#x017F;ie einer neuen Schönheit aufop¬<lb/>
ferten. Aber die&#x017F;e Gefährlichkeiten waren<lb/>
eben die Würze un&#x017F;res Lebens, wir vermie¬<lb/>
den mit gutem Willen keine.</p><lb/>
          <p>Die Rei&#x017F;elu&#x017F;t ergriff meinen Freund oft<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0204] auf gut Glück in der Welt herumtreibe. Aber dann konnte ich wieder nicht begreifen, daß es ihm faſt niemals an Gelde fehle, mit dem er verſchwenderiſch und unbeſchreib¬ lich großmüthig umging. Faſt ſo oft er mich verließ, kam er mit einer reichen Börſe zu¬ rück. Unſre größte Aufmerkſamkeit war auf die ſchönen Mädchen aus allen Ständen ge¬ richtet; in kurzer Zeit war unſre Bekannt¬ ſchaft unter dieſen außerordentlich ausgebrei¬ tet, wo wir uns aufhielten, wurden wir von den Eltern ungern geſehn, nicht ſelten wur¬ den wir verfolgt, oft entgingen wir nur mit genauer Noth der Rache der beleidigten Liebhaber, den Nachſtellungen der Mädchen, wenn wir ſie einer neuen Schönheit aufop¬ ferten. Aber dieſe Gefährlichkeiten waren eben die Würze unſres Lebens, wir vermie¬ den mit gutem Willen keine. Die Reiſeluſt ergriff meinen Freund oft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/204
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/204>, abgerufen am 27.11.2024.