Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Man verzehrte auf der Wiese ein Mit¬
tagsmahl, das sie mitgenommen hatten, und
Ludoviko wurde nicht müde, sich bei Rode¬
rigo nach allerhand Neuigkeiten zu erkundi
gen. Roderigo verschwieg, ob aus einer Art
von Schaam, oder weil er vor den beiden
die Erzählung nicht wiederholen mochte, seine
eigne Geschichte. Er kam durch einen Zufall
auf Luthern und die Reformation zu sprechen.

O, schweig mir davon, rief Ludoviko
aus, denn es ist mir ein Verdruß zu hören.
Jedweder, der sich für klug hält, nimmt in
unsern Tagen die Parthey dieses Mannes,
der es gewiß gut und redlich meint, der
aber doch immer mit seinen Ideen nicht
recht weiß, wo er hinaus will.

Ihr erstaunt mich! sagte Franz.

Ihr seyd ein Deutscher, fuhr Ludoviko
fort, ein Nürnberger, es nimmt mich nicht
Wunder, wenn Ihr Euch der guten Sache

Man verzehrte auf der Wieſe ein Mit¬
tagsmahl, das ſie mitgenommen hatten, und
Ludoviko wurde nicht müde, ſich bei Rode¬
rigo nach allerhand Neuigkeiten zu erkundi
gen. Roderigo verſchwieg, ob aus einer Art
von Schaam, oder weil er vor den beiden
die Erzählung nicht wiederholen mochte, ſeine
eigne Geſchichte. Er kam durch einen Zufall
auf Luthern und die Reformation zu ſprechen.

O, ſchweig mir davon, rief Ludoviko
aus, denn es iſt mir ein Verdruß zu hören.
Jedweder, der ſich für klug hält, nimmt in
unſern Tagen die Parthey dieſes Mannes,
der es gewiß gut und redlich meint, der
aber doch immer mit ſeinen Ideen nicht
recht weiß, wo er hinaus will.

Ihr erſtaunt mich! ſagte Franz.

Ihr ſeyd ein Deutſcher, fuhr Ludoviko
fort, ein Nürnberger, es nimmt mich nicht
Wunder, wenn Ihr Euch der guten Sache

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0255" n="247"/>
          <p>Man verzehrte auf der Wie&#x017F;e ein Mit¬<lb/>
tagsmahl, das &#x017F;ie mitgenommen hatten, und<lb/>
Ludoviko wurde nicht müde, &#x017F;ich bei Rode¬<lb/>
rigo nach allerhand Neuigkeiten zu erkundi<lb/>
gen. Roderigo ver&#x017F;chwieg, ob aus einer Art<lb/>
von Schaam, oder weil er vor den beiden<lb/>
die Erzählung nicht wiederholen mochte, &#x017F;eine<lb/>
eigne Ge&#x017F;chichte. Er kam durch einen Zufall<lb/>
auf Luthern und die Reformation zu &#x017F;prechen.<lb/></p>
          <p>O, &#x017F;chweig mir davon, rief Ludoviko<lb/>
aus, denn es i&#x017F;t mir ein Verdruß zu hören.<lb/>
Jedweder, der &#x017F;ich für klug hält, nimmt in<lb/>
un&#x017F;ern Tagen die Parthey die&#x017F;es Mannes,<lb/>
der es gewiß gut und redlich meint, der<lb/>
aber doch immer mit &#x017F;einen Ideen nicht<lb/>
recht weiß, wo er hinaus will.</p><lb/>
          <p>Ihr er&#x017F;taunt mich! &#x017F;agte Franz.<lb/></p>
          <p>Ihr &#x017F;eyd ein Deut&#x017F;cher, fuhr Ludoviko<lb/>
fort, ein Nürnberger, es nimmt mich nicht<lb/>
Wunder, wenn Ihr Euch der guten Sache<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[247/0255] Man verzehrte auf der Wieſe ein Mit¬ tagsmahl, das ſie mitgenommen hatten, und Ludoviko wurde nicht müde, ſich bei Rode¬ rigo nach allerhand Neuigkeiten zu erkundi gen. Roderigo verſchwieg, ob aus einer Art von Schaam, oder weil er vor den beiden die Erzählung nicht wiederholen mochte, ſeine eigne Geſchichte. Er kam durch einen Zufall auf Luthern und die Reformation zu ſprechen. O, ſchweig mir davon, rief Ludoviko aus, denn es iſt mir ein Verdruß zu hören. Jedweder, der ſich für klug hält, nimmt in unſern Tagen die Parthey dieſes Mannes, der es gewiß gut und redlich meint, der aber doch immer mit ſeinen Ideen nicht recht weiß, wo er hinaus will. Ihr erſtaunt mich! ſagte Franz. Ihr ſeyd ein Deutſcher, fuhr Ludoviko fort, ein Nürnberger, es nimmt mich nicht Wunder, wenn Ihr Euch der guten Sache

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/255
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/255>, abgerufen am 16.06.2024.