Wünsche, alle fremde Augen wegzufangen. Hat man sie einmal gesehn, so sieht man keinem andern Mädchen mehr nach, kein Blick, kein verstohlenes Lächeln lockt Dich mehr, sie wohnt mit aller ihrer Holdseligkeit in Deiner Brust, Dein Herz ist wie eine treibende Feder, die Dich ihr, nur ihr durch alle Gassen, durch alle Gärten nachdrängt; und wenn dann ihr himmelsüßer Blick Dich nur im Vorübergehen streift, so zittert die Seele in Dir, so schwindelt Dein Auge von dem Blick in das rothe Lächeln der Lippen hinunter, in die Lieblichkeit der Wangen ver¬ irrt, gern und ungern auf dem schönsten Bu¬ sen festgehalten, den Du nur errathen darfst. O Himmel, gieb mir nur dies Mädchen in meine Arme, und ich will Deine ganze übrige Welt, mit allem, allem was sie Köstliches hat, ohne Neid jedem andern überlassen!
Du schwärmst, sagte Roderigo, in dieser
Wünſche, alle fremde Augen wegzufangen. Hat man ſie einmal geſehn, ſo ſieht man keinem andern Mädchen mehr nach, kein Blick, kein verſtohlenes Lächeln lockt Dich mehr, ſie wohnt mit aller ihrer Holdſeligkeit in Deiner Bruſt, Dein Herz iſt wie eine treibende Feder, die Dich ihr, nur ihr durch alle Gaſſen, durch alle Gärten nachdrängt; und wenn dann ihr himmelſüßer Blick Dich nur im Vorübergehen ſtreift, ſo zittert die Seele in Dir, ſo ſchwindelt Dein Auge von dem Blick in das rothe Lächeln der Lippen hinunter, in die Lieblichkeit der Wangen ver¬ irrt, gern und ungern auf dem ſchönſten Bu¬ ſen feſtgehalten, den Du nur errathen darfſt. O Himmel, gieb mir nur dies Mädchen in meine Arme, und ich will Deine ganze übrige Welt, mit allem, allem was ſie Köſtliches hat, ohne Neid jedem andern überlaſſen!
Du ſchwärmſt, ſagte Roderigo, in dieſer
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0272"n="264"/>
Wünſche, alle fremde Augen wegzufangen.<lb/>
Hat man ſie einmal geſehn, ſo ſieht man<lb/>
keinem andern Mädchen mehr nach, kein<lb/>
Blick, kein verſtohlenes Lächeln lockt Dich<lb/>
mehr, ſie wohnt mit aller ihrer Holdſeligkeit<lb/>
in Deiner Bruſt, Dein Herz iſt wie eine<lb/>
treibende Feder, die Dich ihr, nur ihr durch<lb/>
alle Gaſſen, durch alle Gärten nachdrängt;<lb/>
und wenn dann ihr himmelſüßer Blick Dich<lb/>
nur im Vorübergehen ſtreift, ſo zittert die<lb/>
Seele in Dir, ſo ſchwindelt Dein Auge von<lb/>
dem Blick in das rothe Lächeln der Lippen<lb/>
hinunter, in die Lieblichkeit der Wangen ver¬<lb/>
irrt, gern und ungern auf dem ſchönſten Bu¬<lb/>ſen feſtgehalten, den Du nur errathen darfſt.<lb/>
O Himmel, gieb mir nur dies Mädchen in<lb/>
meine Arme, und ich will Deine ganze übrige<lb/>
Welt, mit allem, allem was ſie Köſtliches<lb/>
hat, ohne Neid jedem andern überlaſſen!<lb/></p><p>Du ſchwärmſt, ſagte Roderigo, in dieſer<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[264/0272]
Wünſche, alle fremde Augen wegzufangen.
Hat man ſie einmal geſehn, ſo ſieht man
keinem andern Mädchen mehr nach, kein
Blick, kein verſtohlenes Lächeln lockt Dich
mehr, ſie wohnt mit aller ihrer Holdſeligkeit
in Deiner Bruſt, Dein Herz iſt wie eine
treibende Feder, die Dich ihr, nur ihr durch
alle Gaſſen, durch alle Gärten nachdrängt;
und wenn dann ihr himmelſüßer Blick Dich
nur im Vorübergehen ſtreift, ſo zittert die
Seele in Dir, ſo ſchwindelt Dein Auge von
dem Blick in das rothe Lächeln der Lippen
hinunter, in die Lieblichkeit der Wangen ver¬
irrt, gern und ungern auf dem ſchönſten Bu¬
ſen feſtgehalten, den Du nur errathen darfſt.
O Himmel, gieb mir nur dies Mädchen in
meine Arme, und ich will Deine ganze übrige
Welt, mit allem, allem was ſie Köſtliches
hat, ohne Neid jedem andern überlaſſen!
Du ſchwärmſt, ſagte Roderigo, in dieſer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/272>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.