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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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Genovefa, wie sie mit ihrem Sohne unter
einsamen Felsen in der Wildniß sitzt, und
von freundlichen, liebkosenden Thieren um¬
geben ist. Das Bild schien alt, er konnte
nicht das Zeichen eines ihm bekannten Künst¬
lers entdecken. Denksprüche gingen aus dem
Munde der Heiligen, ihres Sohnes und der
Thiere, die Composition war einfach und
ohne Künstlichkeit, das Gemählde sollte nichts
als den Gegenstand auf die einfältigste Weise
ausdrücken. Sternbald war Willens, die
Buchstaben zu verlöschen und den Ausdruck
der Figur zu erhöhen, aber die Äbtissin sag¬
te: Nein, Herr Mahler, Ihr müßt das Bild
im Ganzen so lassen, wie es ist, und um
alles ja die Worte stehen lassen. Ich mag
es durchaus nicht, wenn ein Gemählde zu
zierlich ist.

F[r]anz machte ihr deutlich, wie diese
weißen Zettul alle Täuschung aufhöben und

Genovefa, wie ſie mit ihrem Sohne unter
einſamen Felſen in der Wildniß ſitzt, und
von freundlichen, liebkoſenden Thieren um¬
geben iſt. Das Bild ſchien alt, er konnte
nicht das Zeichen eines ihm bekannten Künſt¬
lers entdecken. Denkſprüche gingen aus dem
Munde der Heiligen, ihres Sohnes und der
Thiere, die Compoſition war einfach und
ohne Künſtlichkeit, das Gemählde ſollte nichts
als den Gegenſtand auf die einfältigſte Weiſe
ausdrücken. Sternbald war Willens, die
Buchſtaben zu verlöſchen und den Ausdruck
der Figur zu erhöhen, aber die Äbtiſſin ſag¬
te: Nein, Herr Mahler, Ihr müßt das Bild
im Ganzen ſo laſſen, wie es iſt, und um
alles ja die Worte ſtehen laſſen. Ich mag
es durchaus nicht, wenn ein Gemählde zu
zierlich iſt.

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[315/0323] Genovefa, wie ſie mit ihrem Sohne unter einſamen Felſen in der Wildniß ſitzt, und von freundlichen, liebkoſenden Thieren um¬ geben iſt. Das Bild ſchien alt, er konnte nicht das Zeichen eines ihm bekannten Künſt¬ lers entdecken. Denkſprüche gingen aus dem Munde der Heiligen, ihres Sohnes und der Thiere, die Compoſition war einfach und ohne Künſtlichkeit, das Gemählde ſollte nichts als den Gegenſtand auf die einfältigſte Weiſe ausdrücken. Sternbald war Willens, die Buchſtaben zu verlöſchen und den Ausdruck der Figur zu erhöhen, aber die Äbtiſſin ſag¬ te: Nein, Herr Mahler, Ihr müßt das Bild im Ganzen ſo laſſen, wie es iſt, und um alles ja die Worte ſtehen laſſen. Ich mag es durchaus nicht, wenn ein Gemählde zu zierlich iſt. Franz machte ihr deutlich, wie dieſe weißen Zettul alle Täuſchung aufhöben und

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/323>, abgerufen am 27.11.2024.