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Weigel, Valentin: Gnothi seauton. Nosce teipsum. Erkenne dich selbst. Neustadt, 1615.

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Das Erste Büchlein.
Kinder würden verdampt/ so da stürben vor dem eusserlichen Gehör/
Nam fides ex auditu, Roman. 10. Vnd die Gelehrten würden es am
besten haben/ so wir doch das Gegenspiel sehen an den Schrifftgelehr-
ten/ daß sie am weitesten darvon seyn/ vnd müssen von Christo hören/
Vos ignoratis scripturas.

Hiermit würde mit nichten verworffen das liebe Predigampt/ auch
nicht verkleinert die heilige Schrifft/ Sondern viel mehr recht geübet/
gelesen/ vnd gehandelt.

Es möchte einer weiter sagen: So alle Weißheit vnd Künste inObieck.
mir seynd/ so wil ich nicht in die Schule gehen/ auch mich nicht in eine
Academiam begeben?

Antwort: Eben darumb sollen Schulen grosse vnd kleine seyn/ daßResp.
wir darinn solches alles erinnert/ ermahnet werden/ vnd darzu geführt/
Es folget aber nicht/ es seynd hohe Schulen/ darumb ists nicht zuvor
im Menschen: gleich wie auch nicht folget: Es ist zuvor alles im Men-
schen verborgen/ darumb soll man nicht hohe Schulen halten/ Ja eben
darumb sollen Schulen seyn/ daß wir in denselbigen zum Schatz ge-
bracht werden in vns: Wolte aber GOtt/ die Jugend würde nur nicht
mehr gehindert/ als gefördert.

Das 20. Capittel.
Taß eine dreyfache Schule sey/ in welcher der
Mensch studiren vnd lernen mag alle ding.

BLeich wie der Mensch in jhm hat eine dreyfache Begreifflig-
keit/ als die Sinnen/ darnach die Vernunfft/ vnnd daruber
auch den Verstandt/ dann ein ander vermögenheit ist es vmb1.
2.
3.

die Sinnen/ die da siehen in sensualitate, oder in Fleischlichen Augen.
Ein ander vermögenheit ist es vmb die Vernunfft/ die da stehet in ra-
tione,
Vnd ein ander ding ist es vmb den Verstandt/ der da heisset in-
tellectus
oder mens.

Das erste möchte gerechnet werden zum Viehe: Das ander zum
Menschen: das dritte ist Geistlich vnd Engellisch/ Vnnd ist doch alles
der Mensch selber/ Dann so er nicht weiter kömpt in der Erkändtnuß

sein

Das Erſte Buͤchlein.
Kinder wuͤrden verdampt/ ſo da ſtuͤrben vor dem euſſerlichen Gehoͤr/
Nam fides ex auditu, Roman. 10. Vnd die Gelehrten wuͤrden es am
beſten haben/ ſo wir doch das Gegenſpiel ſehen an den Schrifftgelehr-
ten/ daß ſie am weiteſten darvon ſeyn/ vnd muͤſſen von Chriſto hoͤren/
Vos ignoratis ſcripturas.

Hiermit wuͤrde mit nichten verworffen das liebe Predigampt/ auch
nicht verkleinert die heilige Schrifft/ Sondern viel mehr recht geuͤbet/
geleſen/ vnd gehandelt.

Es moͤchte einer weiter ſagen: So alle Weißheit vnd Kuͤnſte inObieck.
mir ſeynd/ ſo wil ich nicht in die Schule gehen/ auch mich nicht in eine
Academiam begeben?

Antwort: Eben darumb ſollen Schulen groſſe vnd kleine ſeyn/ daßReſp.
wir darinn ſolches alles erinnert/ ermahnet werden/ vnd darzu gefuͤhrt/
Es folget aber nicht/ es ſeynd hohe Schulen/ darumb iſts nicht zuvor
im Menſchen: gleich wie auch nicht folget: Es iſt zuvor alles im Men-
ſchen verborgen/ darumb ſoll man nicht hohe Schulen halten/ Ja eben
darumb ſollen Schulen ſeyn/ daß wir in denſelbigen zum Schatz ge-
bracht werden in vns: Wolte aber GOtt/ die Jugend wuͤrde nur nicht
mehr gehindert/ als gefoͤrdert.

Das 20. Capittel.
Taß eine dreyfache Schule ſey/ in welcher der
Menſch ſtudiren vnd lernen mag alle ding.

BLeich wie der Menſch in jhm hat eine dreyfache Begreifflig-
keit/ als die Sinnen/ darnach die Vernunfft/ vnnd darůber
auch den Verſtandt/ dann ein ander vermoͤgenheit iſt es vmb1.
2.
3.

die Sinnen/ die da ſiehen in ſenſualitate, oder in Fleiſchlichen Augen.
Ein ander vermoͤgenheit iſt es vmb die Vernunfft/ die da ſtehet in ra-
tione,
Vnd ein ander ding iſt es vmb den Verſtandt/ der da heiſſet in-
tellectus
oder mens.

Das erſte moͤchte gerechnet werden zum Viehe: Das ander zum
Menſchen: das dritte iſt Geiſtlich vnd Engelliſch/ Vnnd iſt doch alles
der Menſch ſelber/ Dann ſo er nicht weiter koͤmpt in der Erkaͤndtnuß

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Zitationshilfe: Weigel, Valentin: Gnothi seauton. Nosce teipsum. Erkenne dich selbst. Neustadt, 1615, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_gnothi_1615/55>, abgerufen am 21.11.2024.